chauspieler    Die Falschheit mit gutem Gewissen; die Lust an der Verstellung als Macht herausbrechend, den sogenannten "Charakter" beiseite schiebend, überflutend, mitunter auslöschend; das innere Verlangen in eine Rolle und Maske, in einen Schein hinein; ein Überschuß von Anpassungsfähigkeiten aller Art, welche sich nicht mehr im Dienste des nächsten engsten Nutzens zu befriedigen wissen: alles das ist vielleicht nicht nur der Schauspieler an sich ? ... Ein solcher Instinkt wird sich am leichtesten bei Familien des niederen Volkes ausgebildet haben, die unter wechselndem Druck und Zwang, in tiefer Abhängigkeit ihr Leben durchsetzen mußten, welche sich geschmeidig nach ihrer Decke zu strecken, auf neue Umstände immer neu einzurichten, immer wieder anders zu geben und zu stellen hatten, befähigt allmählich den Mantel nach jedem Winde zu hängen und dadurch fast zum Mantel werdend, als Meister jener einverleibten und eingefleischten Kunst des ewigen Versteckenspielens, das man bei Tieren mimicry nennt: bis zum Schluß dieses ganze von Geschlecht zu Geschlecht aufgespeicherte Vermögen herrisch, unvernünftig, unbändig wird, als Instinkt andere Instinkte kommandieren lernt und den Schauspieler, den "Künstler" erzeugt (den Possenreißer, Lügenerzähler, Hanswurst, Narren, Clown zunächst, auch den klassischen Bedienten, den Gil Blas: denn in solchen Typen hat man die Vorgeschichte des Künstlers und oft genug sogar des "Genies").  - (frw)

Schauspieler (2)  Ich weiß nicht, ob die Geschichte in ihrem ganzen Umfang einen Sterblichen aufzuweisen hat, dessen Charakter zweideutiger, rätselhafter und schwerer unter einen Hauptbegriff zu fassen wäre, als eben dieser Augustus, von welchem, als der ersten Figur in dem großen Gemälde dieser Zeit, in gegenwärtigem Werke schon so oft die Rede gewesen ist. Wer, der die Begebenheiten der funfzehn Jahre seines Triumvirats, unter dem Namen Octavianus, und die Geschichte der übrigen zwei und vierzig Jahre seiner Regierung, in einem andern Buche unter dem Namen Augusts gelesen hätte, könnte sich vorstellen, daß er das Leben einer und eben derselben Person gelesen habe? Daß der feigherzige, undankbare, treulose, kaltblütiggrausame junge Bösewicht, dem keine Bande der Natur, keine Gesetze der menschlichen Gesellschaft, keine Verhältnisse des Lebens, mit einem Wort, dem nichts Göttliches noch Menschliches heilig, dem zu Beruhigung seiner mißtrauischen Furchtsamkeit, und zu Erreichung seiner ehrsüchtigen Plane kein Bubenstück zu schändlich war, - eben derjenige sei, der unter dem Namen August eine den Römern von jeher so verhaßte Autokratie durch eine Mäßigung, eine Klugheit, eine Aufmerksamkeit und Tätigkeit für das allgemeine Beste, die fast ohne Beispiel ist, beliebt und zu einer Wohltat für die Welt gemacht; - eben derjenige sei, mit dessen Namen die Römer ihre folgenden Beherrscher zu jeder Tugend eines guten Fürsten, eines allgemeinen Vaters, eines wohltätigen Genius, zu verpflichten und einzuweihen glaubten? - Es scheint unbegreiflich, und doch ist nichts gewisser, als daß der nämliche Mann in verschiedenen Perioden seines Lebens beides war.

Die Geschichte der Menschheit kennt kein andres Beispiel einer solchen Verwandlung; die Natur scheint, ohne ein Wunder, welches hier schwerlich jemand annehmen wird, keine solche Verwandlung zuzulassen; und diese seltsamste unter allen seltsamen Erscheinungen würde immer ein unauflösliches Rätsel bleiben, wenn wir nicht den Schlüssel dazu gebrauchten, den uns Augustus selbst in dem einzigen aufrichtigen Augenblick seines Lebens - in seinem letzten - gegeben hat. Nun, sagte er zu seinen umstehenden Vertrauten, dünkt euch, daß ich den Mimus des Lebens leidlich gespielt habe? - Wieland, Kommentar zu den Briefen des Horaz

 

Rolle Theater Beruf

 

Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
KinoTheaterTäuschung
Synonyme