chaukel Der riesige Körper des Bartlett Green hatte sich aus eigenem Antrieb zwischen den Eisenfesseln seiner Gelenke langsam in schwingende Bewegung versetzt, wie einer, der tanzen will. Diese Schwingungen wurden immer stärker und geschmeidiger, so daß es in der ersten aufregenden Dämmerung des Maimorgens nicht anders war, als mache sich der gekreuzigte Straßenräuber das behagliche Vergnügen des Schaukelns in einer weit ausschwingenden Hängematte zwischen Frühlingsbirken; nur daß dabei seine Sehnen und Knochen knirschten und knackten wie unter hundert grausigen Folterstricken.
Und da begann der Bartlett Green mit anfänglich beinahe wohlklingender Stimme
zu singen. - Gustav Meyrink, Der Engel vom westlichen Fenster.
München 1984 (zuerst 1927)
Schaukel (2) Ich fand meinen Onkel kniend damit beschäftigt, einem Schaf das Fell abzuziehen. Da ich sah, daß er weder Gewehr noch Pistole zur Hand hatte, brachte ich es nicht übers Herz, ihn zu erschießen, und so ging ich auf ihn zu, begrüßte ihn liebenswürdig und versetzte ihm mit dem Gewehrkolben einen mächtigen Hieb über den Kopf. Ich kann sehr gut zielen, und Onkel William legte sich auf die Seite nieder, rollte dann auf den Rücken, spreizte die Finger und erschauerte. Bevor er seine Gliedmaßen wieder gebrauchen konnte, ergriff ich das Messer, das er benutzt hatte, und durchschnitt seine Wadensehnen. Sie wissen sicher, daß der Patient, wenn man den Tendo Achillis zertrennt, keinen Gebrauch mehr von seinen Beinen machen kann. Es ist genauso gut, wie wenn er überhaupt keine Beine hätte. Schön, ich zertrennte also alle beide, und als er wieder zu sich kam, stand er mir zur Verfügung. Sowie er die Situation erfaßt hatte, sagte er:
›Samuel, du hast mich in der Falle und kannst es dir nun leisten, großmütig zu sein. Ich habe nur eine Bitte an dich, und die ist, daß du mich zum Haus zurückträgst und mich im Kreise meiner Familie fertigmachst.‹
Ich sagte, daß ich das für ein ganz vernünftiges Verlangen hielte und daß ich es tun würde, wenn er mir gestatte, ihn in einen Weizensack zu stecken, denn er sei auf diese Weise leichter zu tragen, und falls wir von den Nachbarn unterwegs gesehen würden, so gebe es weniger Anlaß zu Bemerkungen. Damit war er einverstanden, und ich holte aus der Scheune einen Sack. Dieser aber paßte ihm nicht, er war zu kurz und viel breiter als er. Daher bog ich seine Beine, preßte ihm die Knie gegen die Brust, bekam ihn auf diese Art auch hinein und band den Sack über seinem Kopf zusammen. Er war ein schwerer Mensch, und ich hatte größte Mühe, ihn mir auf den Rücken zu laden, aber dann konnte ich doch ein gutes Stück mit der Last dahintaumeln, bis ich zu einer Schaukel kam, die ein paar von den Kindern am Ast einer Eiche befestigt hatten. Hier legte ich ihn nieder, nahm auf ihm Platz, um etwas zu rasten, und beim Anblick des Seiles hatte ich einen glücklichen Einfall. Nach zwanzig Minuten schwebte mein Onkel frei einher, zur Kurzweil des Windes.
Ich hatte das Seil abgeknüpft und ein Ende fest um die Sacköffnung geschnürt, das andere über den Ast geworfen und hatte den Onkel daran ungefähr fünf Fuß hoch über den Erdboden gezogen. Nachdem ich dann auch das andere Seilende an der Sacköffnung befestigt hatte, sah ich mit Befriedigung meinen Onkel in ein prächtiges, großes Pendel verwandelt. Ich muß hinzurügen, daß er sich nicht ganz klar war über die Natur der Veränderung, der er in seiner Beziehung zur Umwelt unterworfen worden war, wenn ich auch, um dem Andenken eines braven Mannes Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, zugeben muß, daß ich glaube, er hätte keinesfalls viel von meiner Zeit durch vergeblichen Widerstand vergeudet.
Onkel William besaß einen Schafbock, der in der ganzen Gegend wegen seiner
Angriffslust berühmt war. Er befand sich in einem Zustand chronisch konstitutioneller
Verärgerung. Irgendeine tiefe Enttäuschung in früher Jugend hatte sein Wesen
wohl verbittert, und er lebte mit aller Welt im Kriegszustand. Die Behauptung,
daß er alles Erreichbare auf die Hömer nahm, würde die Natur und den Wirkungsbereich
seiner kämpferischen Aktivität nur schwach andeuten: das gesamte Universum war
sein Gegner und seine Methode die eines Projektils. Er kämpfte wie Himmel und
Hölle, mitten in den Lüften, durch die er wie ein Vogel einherschoß, eine parabolische
Kurve beschrieb und auf seinem Opfer in genau dem Einfallswinkel landete, der
aus seinem Tempo und Gewicht das Beste herausholte. Sein Anprall, in Tonnage
umgerechnet, war unglaublich. Er war beobachtet worden, wie er einen vierjährigen
Bullen durch einen einzigen Stoß auf die knorrige Stirn des Tieres erledigt
hatte. Man wußte von keiner Steinmauer, die seinem abwärts stoßenden Ansturm
widerstanden hätte; es gab keine Bäume, stark genug, ihn zu überleben, er machte
sie zu Brennholz und schändete die Würde ihres Blätterschmucks im Staub. Diese
jähzornige, unversöhnliche Ausgeburt, dieser leibhaftige Donnerkeil, dieses
Monstrum der Hölle hatte ich im Schatten eines in der Nähe stehenden Baumes
ruhen sehen, wo es wohl Träume von Angriff und Sieg träumte, und daß ich seinen
Herrn in der geschilderten Art zum Schweben gebracht hatte, war in der Absicht
geschehen, es herbeizulocken aufs Feld der Ehre. Nachdem ich meine Vorbereitungen
erledigt hatte, verlieh ich dem Pendelonkel einen sanften Schwung und zog mich
zurück, um hinter einem nahen Felsen Deckung zu nehmen, von wo ich die Stimme
zu einem langgezogenen, krächzenden Ruf erhob, dessen verklingende Schlußtöne
in einem Geräusch wie vom Fauchen einer Katze untergingen, das aus dem Sack
drang. Stracks war das formidable Schaf auch schon auf den Beinen und hatte
die Kampflage mit einem einzigen Blick erfaßt. Ein paar Sekunden später hatte
es sich stampfend bis auf fünfzig Schritt dem schaukelnden Feinde genähert,
der mit seinem immerfort abwechselnden Vor und Zurück und wieder Vorwärts den
Kampf herauszufordern schien. Plötzlich sah ich den Kopf der Bestie sich zu
Boden senken, als ob er vom Gewicht der enormen Hörner heruntergezogen würde,
und dann verlängerte sich von diesem Fleck aus ein vager, weißer, wogender Streifen
aus Schaf in generell horizontaler Richtung bis dahin, von wo es etwa noch vier
Schritt zu einem unmittelbar unter dem Gegner gelegenen Punkt war. Dort stieß
der Widder scharf nach oben, und noch bevor er mir an dem Platz, von dem er
gestartet war, so recht aus dem Blick gekommen war, hörte ich einen häßlichen
Bumser und durchdringendes Kreischen, und schon sauste mein armer Onkel vorwärts
und empor an einem Seil, das plötzlich schlaff wurde, weil er höher flog als
der Ast, an dem er befestigt war. Nun straffte sich das Seil mit einem Ruck,
der den Flug bremste, und schon brauste der Onkel in atemberaubender Kurve zum
anderen Ende seines Pendelbogens. Der Schafbock war hingefallen, ein Durcheinander
von Beinen, Wolle und Hörnern, aber indem er sich wieder erhob und auswich,
als sein Gegner abwärts geschossen kam, zog er sich aufs Geratewohl zurück,
abwechselnd den Kopf schüttelnd und mit den Vorderbeinen stampfend. Als er ungefähr
wieder so weit weg war wie vor dem Angriff, hielt er inne, neigte den Kopf wie
im Gebet um Sieg, und wiederum schoß er vorwärts, genauso undeutlich zu sehen
wie zuvor - ein sich verlängernder weißer Streifen in monströsen Wellenbewegungen,
der in jähem Hochwogen endete. Diesmal verlief sein Kurs im rechten Winkel zum
vorigen, und seine Ungeduld war so heftig, daß er auf den Feind stieß, noch
bevor dieser den niedrigsten Punkt seines Bogens erreicht hatte. Infolgedessen
wirbelte der Sack in einem horizontalen Kreis, dessen Radius ungefähr der halben
Länge des Seiles entsprach, das, wie ich vergaß zu sagen, fast zwanzig Fuß lang
war. Die Schreie meines Onkels, crescendo beim Herankommen und diminuendo, wenn
er sich entfernte, machten die Rapidität seines Kreiselns dem Ohr wahrnehmbarer
als dem Auge. Offensichtlich war er noch nicht an einer lebenswichtigen Stelle
getroffen. Seine Positur im Sack und die Entfernung, welche er vom Boden hatte,
zwangen den Schafbock dazu, seine unteren Extremitäten und das Ende seines Rückens
zu bearbeiten. Ganz wie eine Pflanze, deren Wurzeln auf irgendein vergiftetes
Gestein treffen, verendete auch mein armer Onkel langsam von unten her.
- Ambrose Bierce, Mein Lieblingsmord. In: A.B.: Mein Lieblingsmord. Frankfurt
am Main 1974 (it 39)
Schaukel (3)
Schaukel (4) Humboldt sah im Jahr 1799 am 22. Juni vom Pik Teneriffa aus, unmittelbar vor Sonnenaufgang, wie tief stehende Sterne eine schaukelnde Bewegung ausführten. Er sah es sowohl mit dem bloßen Auge wie mit dem Fernglas. Das Phänomen dauerte 7 bis 8 Minuten. Im Jahr 1842, am 9. August, beobachtete Prinz Adalbert von Preußen ein ähnliches Phänomen vor Sonnenaufgang, und seine Begleiter bestätigten es. Im Fernglas schien ein Stern zu zweien zu werden, wie verbunden durch einen geknoteten Schwanz. Im Jahr 1851, am 20. Januar, sahen mehrere namhafte Personen zwischen 7 und 8 Uhr abends, wie sich der Sirius bewegte, bald auf und nieder, bald nach den Seiten, bald in einem Kreis. Das Phänomen dauerte eine halbe Stunde.
Man hat die Tatsache nicht geleugnet, aber der Astronom Schweizer hat erklärt, es sei ein subjektives Phänomen. Er sehe es zu jeder Zeit, wenn das Auge einen Stern fixiere und gleichzeitig einen Gegenstand auf der Erde; aber im Fernglas verschwinde es. Was im Widerspruch zu Humboldt und Prinz Adalberts Beobachtungen steht; deshalb kann das Phänomen für unerklärt gehalten werden.
Ich will mit der Mitteilung schließen, daß ich die Sonne habe schaukeln sehen,
einige Male, als sie eben aufgegangen war. - (
blau
)
Schaukel (5) »H-h-haltet ihn an«, sagte der Quartiermeister, der langsam und lässig vom Kasinozelt, wo er zu Mittag gegessen hatte, herangeschlendert kam. »Er w-w-weiß nicht, daß d-d-die Schaukel aufhört zu schwingen, w-w-wenn er höher schaukelt als d-d-der H-h-halbkreis ist.«
Der kräftige Mensch schwang sich mit einer derartigen Energie durch die Luft, daß sein auf der Schaukel stehender Körper an jedem Wendepunkt des Bogens, der jedesmal zunahm, fast horizontal lag. Wenn er über die Höhe hinausgeriet, in der das Seil befestigt war, so war er verloren. Das Seil mußte dann schlaff werden, und er würde senkrecht fallen, genauso tief, wie er hinaufgekommen war, und dann würde die plötzliche Spannung ihm das Seil aus den Händen reißen. Alle erkannten die Gefahr, alle schrien ihm zu aufzuhören und machten ihm erregte Zeichen, sooft er, unkenntlich und mit einem Geräusch wie von einer sausenden Kanonenkugel, durch die tieferen Bereiche seines schrecklichen Pendelschwunges an uns vorbeischoß. Eine Frau, die ein Stückchen weiter entfernt stand, wurde ohnmächtig und sank unbeachtet zu Boden. Soldaten kamen aus dem Lager eines benachbarten Regiments herbeigerannt, um zuzusehen, und alle schrien.
Plötzlich, als Thurston gerade in seiner Aufwärtskurve war, verstummten die Schreie.
Die Schaukel und Thurston hatten sich voneinander getrennt - das ist alles, was man darüber weiß. Beide Hände zugleich hatten das Seil losgelassen. Der Schwung der leichten Schaukel erschöpfte sich, sie fiel zurück, der des Mannes aber trug ihn, aufrecht beinah, empor und vorwärts, nicht mehr in seinem bisherigen Bogen, sondern in einer noch weiter ausschwingenden Kurve. Es kann nur einen Augenblick gedauert haben, aber es schien wie eine Ewigkeit. Ich schrie oder glaubte zu schreien: »Mein Gott, hört er denn gar nicht mehr auf, höher zu fliegen?« Er kam dicht an einem Ast vorbei, und ich erinnere mich an ein Gefühl der Freude, weil ich meinte, er könnte danach greifen und sich retten. Ich überlegte die Möglichkeit, ob der Ast sein Gewicht tragen könnte. Er flog über ihn weg, und von meinem Platz aus gesehen zeichnete er sich scharf gegen den blauen Himmel ab. Nach all den vielen Jahren noch kann ich mir genau das Bild eines Menschen am Himmel ins Gedächtnis rufen, den Kopf erhoben, die Füße dicht beisammen, seine Hände - die Hände sehe ich nicht. Ganz jäh, mit erstaunlicher Plötzlichkeit und Schnelle, überschlägt er sich und fällt abwärts. Ein neuer Schrei kommt aus der Menge, die instinktiv nach vom gerannt ist. Der Mann ist nur noch ein wirbelnder Gegenstand, hauptsächlich Beine. Dann erfolgt ein nicht wiederzugebendes Geräusch, das Geräusch eines Aufpralls, der den Erdboden erschüttert, und diesen Leuten, die vertraut sind mit dem Tod in seinen fürchterlichsten Formen, wird übel. Viele gehen schwankend von dem Platz hier weg, andere stützen sich gegen Baumstämme oder setzen sich auf die Wurzeln. Der Tod hat einen unfairen Vorteil errungen. Er hat mit einer unvertrauten Waffe zugeschlagen, er hat einen neuen, beunruhigenden Kunstgriff angewendet. Wir hatten nicht gewußt, daß er so entsetzliche Wirkungsmittel besaß, Mögl ichkeiten so grauenvollen Schreckens. Thurstons Leichnam lag auf dem Rücken. Ein Bein war über dem Knie gebrochen, der Unterschenkel verbogen und in die Erde getrieben. Der Bauch war geplatzt, die Gedärme quollen heraus. Das Genick war gebrochen.
Die Arme waren fest über der Brust verschränkt. - Ambrose Bierce, George
Thurston. In: A.B., Mein Lieblingsmord. Frankfurt am Main 1974 (it 39)
Schaukel (6) Das wohnen in so einem
alten hause ist sehr heikel, alles wankt und schwankt. Nachts knistergeräusche
wie im stollen, ich fahre hoch und falle grade noch rechtzeitig meinem schrank
in die arme, der sich in bewegung gesetzt hat - jetzt haben die bücherborte
schlagseite und wenn ich vorm schreibtisch mich niederlasse, biegen sich die
eichenbalken durch - ich sitze wie in einer schaukel.. Ich habe aber ein ganz
neues verhältnis zu Göttingen bekommen, das so
von innen erlebt durch das überladensein mit großer vergangenheit doch sehr
anheimelt. - Hans Jürgen von der Wense, Von Aas bis Zylinder, Bd. I. Frankfurt
am Main 2005
Schaukel (7) Ein vergessenes Sinnbild und Mysterium ist die Schaukel. Man darf es nur an-deuten, nur in scheuen Hinweisen von ihr reden, flüsternd und in der Schwebe. Denn die Geheimnisse vergehen und kommen nie wieder, wenn man sie einmal lüftet, zerspricht. Und damit geht auch unser Leben zunichte, es verliert seine Frömmigkeit, seinen Stern.
Die Schaukel ist Ruhe und Bewegung. Sie hält das Maß. Darum sind alle Meßgeräte Schaukeln: Oszilloskope, Metronome, Radiosonden, die Uhr.
Schaukeln ist Mut-Wille. Es ist Entfernen, Abweichen von der Mitte, dem Ruhe-Punkte, Ab-Fall. Ein Stoß treibt uns hinaus. Es war Vertreibung aus dem Paradiese. Es heißt: «Nichts hält sich, was einmal angestoßen ist» - jeder Stoß ist Verstoß, «Sünde» wird zur Verstoßung. Daher: wenn wir beim Schaukeln wieder durch die Mitte gelangen, das ist jedesmal in uns ein Letztes von schlechtem Gewissen, es ist Depression, Inbegriff des Verlustes.
Das Schaukeln ist hoch und tief... Die Höhepunkte sind Triumphe, Toppen des Lebens, meine höchste Fähigkeit. In dem Höchsten aber und in der Wonne ist auch die Umkehr, das Sterben, Zurück ... Die Tiefe, die immer Mitte ist, sie ist Schmerz, durch den wir hindurchmüssen - unser Lebensinhalt, Schwerpunkt. Denn nur in ihm kommen wir zur Ruhe, finden wir Gerechtigkeit und unsern Rang durch sie.
Wer schaukelt, hat immer das Gefühl, etwas ganz Außerordentliches zu leisten.
Nur durch Rückfälle kommt man vorwärts. - Hans Jürgen von der Wense, Epidot.
München 1987
Schaukel (8) Eumolp, der so anspruchslos
war, daß er sogar in mir noch einen Partner sah, zögerte nicht, das Mädchen
zu Venusopfern einzuladen. Doch hatte er sich überall als gichtkrank und lendenlahm
ausgegeben und mußte befürchten, wenn er den Schein nicht wahrte, daß die ganze
Komödie übel enden könne. Um also seinen Schwindel weiter glaubhaft erscheinen
zu lassen, forderte er das Mädchen auf, sich auf seine ihr empfohlene »Güte«
zu setzen, seinem Sklaven Korax aber befahl er, unter das Bett zu kriechen,
in dem er selber lag, die Hände auf den Boden zu stützen und seinen Herrn mit
dem Hinterteil in Schwung zu bringen. Dieser kam dem Befehl mit langsamen Bewegungen
nach und paßte sich dann der Kunstleistung des Mädchens in entsprechendem Tempo
an. Als die Sache zum Ausbruch kommen sollte, feuerte Eumolp seinen Sklaven
mit lauter Stimme an, schneller zu arbeiten. So lag der Alte brav zwischen seinem
Sklaven und dem Mädchen, daß es aussah, als ob er sich auf einer Schaukel vergnüge.
Dieses Spiel trieb Eumolp einmal und dann noch ein zweites Mal zur allgemeinen
Erheiterung, an der er sich durchaus auch selber beteiligte. Und um nicht durch
Untätigkeit aus der Übung zu kommen, machte ich mit dem Bruder des Mädchens
einen Versuch, der gerade durch das Schlüsselloch
die Fertigkeiten seiner Schwester bestaunte, ob mit ihm etwas anzufangen sei.
Und dieser entzog sich meinen Annäherungen keineswegs, sondern zeigte sich in
der Liebe erfahren; aber auch bei ihm verfolgte mich meine feindliche
Gottheit. - Petronius, Satyrikon
Schaukel (9) Es
ist ein unheimliches Gefühl, oben auf der Atlas zu sitzen, wenn das Startgerüst
entfernt wird. Ich konnte das Winseln der Rohrleitungen
hören, als der flüssige Sauerstoff in die Tanks strömte, die dann ein vibrierendes
Zischen von sich gaben, als sie durch ihn unterkühlt
wurden. Die Atlas ist so hoch und schlank, daß sie bei heftigen Böen
leicht hin und her schwankt. Tatsächlich konnte
ich die ganze Konstruktion zum Schaukeln bringen, indem ich mich in meiner Liege
hin und her bewegte. Ich konnte jetzt den ganzen Himmel mit seinen schnell größer
werdenden blauen Flecken sehen. Durch einen beim Fenster angebrachten Spiegel
konnte ich den Bunker und bis über das Kap hinaus sehen. Durch das Periskop
blickte ich nach Osten auf den Atlantik, entlang der Route, die ich nehmen würde.
- John Glenn Jr., nach: Der Heimatplanet, ed. Kevin W. Kelley,
Frankfurt am Main 1989, 2001 (zuerst 1988)
Schaukel (10)
- Tomi Ungerer, nach: Tintenfaß 2, Zürich 1981
Schaukel (11)
Schaukel (12)
Schaukel (13)
Schaukel (14)
Schaukel (15)
Schaukel (16)
- Georges Pichard
Schaukel (17)
Die Welt ist nichts als eine nimmer ruhende Schaukel. Alle Dinge
in ihr schwanken fort und fort: die Erde,
die Felsen des Kaukasus, die Pyramiden Ägyptens,
im allgemeinen Schwanken der Dinge und in ihrem eigenen. Die Beständigkeit
selbst ist nichts anderes als ein zaudernderes Schwanken. Ich kann meinen Gegenstand
nicht festhalten. Er geht taumelnd und wankend in natürlicher Trunkenheit einher.
Ich ergreife ihn in diesem Zustand, wie er ist, in dem Augenblick, in dem ich
mich mit ihm beschäftige. Ich zeige nicht das Sein, ich
zeige den Übergang; nicht einen Übergang von
einem Alter zum andern, oder, wie das Volk sagt, von sieben zu sieben Jahren,
sondern von Tag zu Tag, von Minute zu Minute. Ich muß meine Erzählung nach der
Stunde richten. Ich könnte alsbald ein anderer werden, nicht nur äußerlich,
sondern auch andern Sinnes. Es ist eine Aufzeichnung verschiedener und veränderlicher
Zufälle, unbestimmter, und wenn es sich trifft,
auch gegensätzlicher Einfälle: sei es, daß ich selber anders geworden bin, sei
es, daß ich die Dinge unter ändern Umständen und anderem Winkel betrachte.
- (mon)
Schaukel (18)
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