chachspiel   Keinerlei Versteckspiel, kein Versuch, in seinem Spiel zu täuschen oder irrezuführen: von Anfang an erkennt man den Plan, den er verfolgt, und fast ebenso schnell, worauf er hinauswill (und wenn es stimmt, daß die Idee alles niederschmettert, dann kann es nur gewinnbringend für sie sein, sich unverschleiert zu zeigen). Bei Lasker, seinem Bezwinger, wie auch später bei Aljochin, ist der Einsatz immer weitaus weniger offenherzig und das Manöver undurchsichtiger. Aber wenn seine Partien auch schön sind, erscheinen sie in ihrer leicht naiven Transparenz doch noch als etwas anderes: sie sind beispielhaft; mit den Partien Morphys - in denen das ungeschliffene Genie wie ein Einbrecher vorgeht und die zu ihrer Zeit für den Intellekt etwas von der Schönheit einer Vergewaltigung gehabt haben müssen - sind sie die einzigen, die Epoche gemacht haben, weil ihre Schönheit ausschließlich in einer klar umrissenen Idee liegt, die plötzlich Gestalt annimmt.  - (grac)

Schachspiel  (2)   Im Gesicht des Göds zuckte es. Er seufzte tief. Dann sagte er traurig:

»Ich sah dieses Pferd vor mir aufsteigen und zusammenbrechen. Im Läufer auf dem Tisch entstand ein Riß. Meine Königin griff sich ans Herz, während sich ihre Gegnerin umdrehte, unverschämt ihr Kleid in die Höhe hob und ihren nackten Hintern nach allen Seiten hin drehte. - Education sentimentale!« sagte Lumiere plötzlich auf französisch.

Er schneuzte sich wieder. Dann fuhr er ruhig fort, wobei er mir wieder gerade in die Augen blickte:

»Ich eilte also an unseren Tisch, um Stitz zu warnen, aber es half nichts. - So als hätte er meinen Plan noch vor mir durchschaut, saß er ruhig mit vor der Brust verschränkten Armen da und sah mich spöttisch an. Ohnmächtig vor Wut warf ich den Tisch samt dem Brett und den Figuren um und ging fort.«   - Klaus Hoffer, Bei den Bieresch. Frankfurt am Main  1986 (zuerst 1979/1983)

Schachspiel  (3) »Was ist, soll das noch lange so gehen?« fragte Voland. »Schach dem König.«

»Ich hab mich wohl verhört, Maître«, antwortete der Kater, »es gibt kein Schach dem König, und es kann keins geben.«

»Ich wiederhole, Schach dem König.«

»Messere«, entgegnete der Kater mit geheuchelter Besorgnis in der Stimme, »Ihr seid übermüdet, es gibt kein Schach dem König!«

»Der König steht auf dem Feld g a«, sagte Voland, ohne aufs Brett zu blicken.

»Messere, ich bin entsetzt«, heulte der Kater, und seine Visage zeigte Entsetzen, »auf diesem Feld steht kein König!«

»Was soll das?« fragte Voland unmutig und blickte aufs Brett, wo der Offizier auf dem Königsfeld sich abwandte und die Hand vors Gesicht hielt.

»Ach, du Halunke«, sagte Voland nachdenklich.

»Messere, ich wende mich wieder an die Logik!« sagte der Kater und drückte die Pfoten an die Brust. »Wenn ein Spieler dem König Schach bietet und der König überhaupt nicht mehr auf dem Brett ist, gilt das Schach als unwirksam!«

»Gibst du auf oder nicht?« schrie Voland mit furchtbarer Stimme.

»Gestattet mir zu überlegen«, antwortete der Kater friedlich, stützte die Ellbogen auf den Tisch, die Ohren in die Pfoten und dachte nach. Er dachte lange nach, und endlich sagte er: »Ich gebe auf.«

»Man sollte die sture Bestie totschlagen«, flüsterte Asasello.

»Ja, ich gebe auf«, sagte der Kater, »aber nur deshalb, weil ich in einer Atmosphäre des Kesseltreibens seitens meiner Neider nicht spielen kann!« Er erhob sich, die Schachfiguren schlüpften ins Kästchen. - (meist)

Schachspiel  (4)  Warum sollte ich über Alexander nicht danach urteilen, wie er bei Tische plaudert und wacker trinkt? Oder wenn er Schach spielt, welche Saite seines Geistes schlägt dieses alberne und kindische Spiel nicht an und setzt sie in Schwingung? Ich hasse und meide es, weil es mir nicht Spiel genug ist und uns zu ernstlich beansprucht, und weil ich mich schäme, eine Aufmerksamkeit darauf zu wenden, die zu einer besseren Sache ausreichen würde. Es beschäftigte ihn nicht stärker, seinen ruhmreichen Zug nach Indien zu entwerfen; noch jenen andern, eine schwierige Stelle der Schrift zu erschließen, von der das Heil der Menschheit abhängt. Seht nur, wie sehr unsere Seele diesen lächerlichen Zeitvertreib übersteigert und aufbläht; ob sie nicht alle Sehnen spannt; wie reichlich sie dabei einem jeden Gelegenheit gibt, sich selbst zu erkennen und richtig über sich selbst zu urteilen. Ich spüre und durchschaue mich bei keiner andern Beschäftigung so vollständig. Welche Leidenschaften treiben uns dabei nicht um: der Zorn, der Ärger, der Haß, die Ungeduld und ein brennender Ehrgeiz, zu gewinnen, in einem Spiel, bei dem es verzeihlicher wäre, wenn man seinen Ehrgeiz darein setzte, es zu verlieren. Denn die außerordentliche und ungemeine Meisterschaft in nichtigen Dingen steht einem Mann von Ehre schlecht an. Was ich mit diesem Beispiel sage, läßt sich in allen ändern Dingen sagen: jeder Wesenszug, jede Beschäftigung des Menschen verrät und offenbart ihn so gut wie eine andere.  -(mon)
 
 

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