Schachfigur   Isaac tastete die Schachfigur ab, alle Rundungen und Unebenheiten im Holz - Ruperts Läufer hatte einen aufgedunsenen Bauch -, die dünne schwarze Farbschicht, die schon abblätterte, das Samtplättchen auf der Unterseite, die rauhen Stellen. Rupert will mir etwas mitteilen, murmelte Isaac in sich hinein. Dieses Geschenk konnte keine Laune gewesen sein. Wollte der Junge Isaac zu einem postalischen Schachspiel herausfordern? Sollte Isaac mit einem Läufer der gegnerischen Farbe reagieren? Nein. Darum ging es Rupert nicht. Diese Schachfigur mußte sich auf das Spiel seines Vaters beziehen. Philip konnte meisterlich mit einem Paar kooperierender Läufer umgehen. Er hatte immer mit Schwarz gegen Isaac gespielt und ihm somit einen deutlichen Vorteil eingeräumt. Der Eröffnungszug gehörte Isaac. Philip saß nie auf seinen Figuren. Er vermied die normalen Abwehrformationen. Seine Verteidigung war durchlässig. Philip liebte den Angriff. Er schlachtete die gegnerischen Bauern nicht ab und hungerte auch nicht mit quälender Langsamkeit den König aus. Während man mit einer Armada von Springern und Türmen angriff und die Figuren zu einer grandiosen Mission aussegelten, schlich sich Philip um sie herum und setzte seine Läufer ein, um der gegnerischen Königin die Kehle auszureisen.  - Jerome Charyn, Marilyn the Wild. München 1996
 

Schachspiel

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