Sauhiebe  Du weißt auch, Melanie, es gibt jetzt immer mehr unter uns, die, was die Liebe betrifft, schon recht geschickt und gewinnend aus der Rolle fallen. Die teilen, studentenhaft fechterisch gesprochen, doch schon ganz schöne Sauhiebe aus. Es ist nicht so, daß wir zur Zeit keine Gelegenheit hätten, die Verletzung unseres verurteilten Schamgefühls genießen zu können. In unserem Euro-Amerika sind wir schon gut versorgt mit Ausrufern der radikalen Darmgeigerei, der Blut- und Hodengewitter, der wunderbarsten Sauereien. Oder empfindest Du wirklich noch einen Mangel an öffentlichen, Speichel lösenden Hosenladeneröffnungen, Venusbergsteigereien, Kaltschnäuzereien, Potenzparaden, Exkrementshypostasen und Schleimseligkeiten? Kann sich daran nicht jeder bedienen? Und bedient sich nicht jeder zwischen San Francisko und hier? Der arme Osten wird schon noch folgen. Warum also, liebe Melanie, soll ich, der ich durchaus kein Sexual-Partisan bin, mich kostümieren und auftreten als Blut- und Hodenritter? Ich hätte auch Sorge, daß es mir an der nötigen Bewußtlosigkeit fehle. Ich bin nicht die blinde Hormonstanze, der bibbernde Lendenpuls, die hechelnde Ader, nicht der stabreimende Stößer, der brüllende Balzer, die lallende Lippe, der balzende Beißer, der phallierende Flibustier, der omphalierende Delirant. Mir kommt, was im Natogelände unter den Gürtel singt, fast laut vor. Und wie oft werden da Forts gesprengt, in denen niemand mehr wohnte. Aber Sprengkrach ist eben was Schönes.   - Martin Walser, Das Einhorn. Frankfurt am Main 1966
 
 

Sau Schlag

 

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