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langer Urthel. - Da die hiesige
Einwohnerin, unsere ehemals liebe Getreue Elisabetha Christiana Dieterich, nebst
deren beyden sonst gar nicht verwerflichen Töchtern Luise und Friderike Dieterich,
wegen nächtlichen Mühlenbesuchens und Schwärmern und daselbst öffentlich verübten
Hüpfens und Springens solenniter und edictaliter vor uns vorgeladen, nicht allein
nicht erschienen, sondern auch noch, gleichsam mit uns und dem in unsern Händen
habenden Schwerdt der Gerechtigkeit ihr ruchloses Gespötte treibend, an demselben
Tag einen Gastschwarm gehalten und Tages darauf in Gesellschafft einer noch
zur Zeit unbekannten Frau, die aber der Rache nicht entrinnen wird, über den
Heinberg am hellen Tage gezogen, und sich in den geheimen Schlupfwinckeln des
Waldes dem schändlichen Caffeetrunck unter einem Bachanalischen Juchzen und
Schreyen ungestöhrt ergeben haben, so ergeht hiermit ohne weiteres Verhör nunmehr
unser endliches Urthel dahin: Daß ihnen zwar für dieses mal, und zwar auf inständiges
Vorbitten unsers Lieben getreuen Professoris Lichtenberg, als welcher, ob sie
ihn gleich mehrmalen von der Bahn der Zucht und Sittsamkeit in ihre schändlichen
Spazier Lüste zu ziehen gesucht haben, dennoch für Dieselben eine unverdiente
Freundschafft trägt und beweißt, die Strafe für dieses mal erlassen seyn soll,
jedoch nicht anders als bis sie, und nicht eher als nachdem sie ihre uns noch
nicht bekantgewordene muthwillige Spießgesellin, die sich bey dem Wald und Hecken
Unfug hinter dem Heinberg durch ein Zuchtloses und leider den inneren heisen
Muthwillen kühlen sollendes Geschrey, wovon die Erdbeern Mädchen und Jungen
nicht genug erzählen können, hervorgethan, so gleich mit Nahmen und Wohnung
anzeigen, damit auch sie zu gehöriger Verantwortung und verdienter Strafe gezogen
werden könne. Zugleich aber wird dieser Christiane, Luise und Friderike Dieterich
hierdurch ernstlich und unwiderruflich angedeutet, daß, wenn sie sich wieder
des Nachts nach 12 Uhr auf der Strase, oder auf Mühlen, ferner auf Bier und
Caffeebäncken, Schützenhöfen, Kirmessen, in sogenannter Waldlust und andern
Zusammenkünfften, als wo sie mit ihren halbdurchsichtigen Gesichtern und Hälsen
und vom Teufel selbst nicht ärger zu erdenckenden nettem Anzug, doch nur lauter
Unheil anfangen, betretten lassen; so soll Ihnen ein häßlicher Bart von gebrandtem
Korck, unter dem Näßgen weg, von Ohr zu Ohr gezogen werden, damit anzudeuten,
daß bey ihnen die Milch und Blutfarbe der Zucht und Unschuld sich in die Brand=
Bart= und Leib= Farbe des Teufels verwandelt habe, auch sollen sie gehalten
seyn ihre Haare mit einem rothfärbenden Kamm drey Tage unaufhörlich zu kämmen,
und alsdann mit besagtem Haar und Bart etwas vor Ein Uhr des Nachmittags am
Fenster zu stehen, bis wenigstens 200 Pursche sich versammelt haben, da ihnen
dann und nicht eher erlaubt seyn soll, wegzugehen und sich den Bart zu waschen..
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Lichtenberg an Christiane Dieterich und ihre Töchter, nach (
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