uhestörung  Es war still auf der Straße und eine Bande junger Neger ging auf eine Bande junger Puertoricaner an der anderen Ecke zu; beide Banden brachen die Antennen der parkenden Wagen ab; einige trugen Steine Flaschen Rohre Knüppel. Sie standen sich in der Mitte der Straße gegenüber, etwa einen Meter Raum zwischen sich und schimpften sich schwarze Hunde und Affenärsche. Ein Wagen kam hupend die Straße herunter und wollte vorbei, doch sie rührten sich nicht und dem Wagen blieb nichts übrig, als sich rückwärts zu verziehen. Die wenigen Menschen auf der Straße rannten. Die Banden blieben mitten auf der Fahrbahn stehen. Dann warf einer einen Stein, ein weiterer Stein flog und 30 oder 40 junge Burschen brüllten, warfen mit Flaschen und Steinen, bis keine mehr übrig waren, dann rannten sie aufeinander los, schwangen die Knüppel, peitschten die Luft mit den Antennen, fluchten, brüllten, einer stieß einen Schmerzensschrei aus, ein Revolver mit abgesägtem Lauf knallte, eine Fensterscheibe zerbrach und Leute schrien aus Fenstern und einer der Burschen ging zu Boden, wurde mit Füßen getreten und niedergestampft und Knäuel von Burschen peitschten, schlugen zu, traten um sich, brüllten und ein Messer stak in einem Rücken und ein zweiter ging zu Boden und eine Wange wurde von einer Antenne bis zum Mund aufgerissen und die Fleischlappen der klaffenden Wange schlugen gegen die blutigen Zähne und ein Schädel barst unter einem Knüppel und ein weiteres Fenster zerbrach durch einen Steinwurf und einige versuchten, einen anderen wegzuschleifen, da traten 3 Füße nach seinem Kopf und eine Nase wurde von einem Schlagring zerschmettert und dann übertönte eine Sirene das Schreien und plötzlich, für den Bruchteil einer Sekunde, standen alle unbeweglich, dann drehten sie sich um und rannten und 3 blieben auf der Straße liegen. Die Bullen kamen und es waren auch wieder Leute auf der Straße und die Bullen hielten sie an und stellten Fragen und endlich kam der Unfallwagen und 2 wurden hineingestützt und der dritte getragen. Dann fuhr der Unfallwagen davon, die Polizisten verschwanden und es war wieder still.    - Hubert Selby, Letzte Ausfahrt Brooklyn. Reinbek bei Hamburg. 1989 (zuerst 1957

Ruhestörung (2)  »Der Amtsrichter Patalocco!« meldete Gurù . »Er kann nicht ertragen, daß man Staub wischt«, erklärte sie hastig. Der (pensionierte) Amtsrichter erlaubte tatsächlich nicht, daß bei ihm zu Hause geputzt wurde; es war dies der einzige Punkt, in dem er unnachgiebig war. Nicht, daß ihm der Dreck besonders zugesagt hätte, er fühlte sich jedoch durch eine derart tumultuöse Tätigkeit in seiner tiefen und kosmischen Empfindung der Ruhe schwerwiegend gestört; Staub, der sich auf Staub legte, nicht einfach als Staub, sondern als Zeichen dafür, daß alle Dinge ihrem Schicksal folgen — das war sein Ideal und gleichzeitig seine fixe Idee. Trotzdem gelang es seiner Frau bisweilen, indem sie seine Abwesenheit ausnützte, das Haus ein bißchen zu putzen, was für den Amtsrichter mehr eine Quelle der Bitterkeit als der Wut war, denn er fühlte sich hintergangen und von lauter Ignoranten umgeben. Gerade das verlieh seinem Gesichtsausdruck etwas Weises und Abgeklärtes oder letztlich sogar einen erleuchteten Zug; ihn, den Apostel des Staubes, verkannte die Welt. Zu allem kam hinzu, daß ihm die Heimkehr in ein Haus, wo die Fußböden noch verschnörkelte Spuren des Wassers aufwiesen, mit dem sie übergössen worden waren, und wo ein Geruch nach nassem Staub hing, akutes körperliches Unbehagen bereitete. Er wußte nicht mehr, wohin sich wenden und wo einen Winkel finden, der noch mit weichem Staub gepolstert war. Jetzt zum Beispiel konnte er sich genau vorstellen, welch trauriges Schauspiel ihn erwartete; deshalb schlenderte er schwermütig und so langsam wie nur möglich seines Weges. »Nach Hause gehe ich, heim«, erwiderte er Giovancarlo nach dem gebührlichen Austausch von Höflichkeiten; in der Messe war er bereits gewesen, abgesehen davon hatte er ohnehin jeglichen Glauben längst verloren. »Heim, puh! Und putz du nur, putz!« fügte er, an seine Frau denkend, hinzu, als wolle er sagen: Gib dich doch mit diesen Oberflächlichkeiten ab, ohne an den Tod zu denken! - Tommaso Landolfi, Der Mondstein. Zürich 1995 (zuerst 1972)

Ruhestörung (3)  Die erste Handlung des Paters Fout-à-Mort, wie ihn Vitnègre nannte, war, in die Brustspitze seiner Stute zu beißen und ihr sein Glied hineinzustecken, das selbst in dieses durch einen eben herausgezogenen Schwamm noch erweiterte Loch nicht hinein wollte. Connilette stieß einen durchdringenden Schrei aus, als sie fühlte, daß ihr die Scheide zerrissen wurde. Sie wollte sich von ihm befreien und kratzte mit beiden Händen. Fout-à-Mort, der wohl wußte, daß sie ihm nicht entschlüpfen konnte, und dessen Lust zu töten um so größer war, je schöner die Frau und je enger sie war, schonte sie nicht. Während er sie unten zerspaltete, riß er ihr die Brustspitzen mit den Zähnen aus. Eine tiefe Ohnmacht oder der Tod machte ihrem Schreien ein Ende. Ich bereute es, nicht vorher einen Pistolenschuß nach dem Kopf des Mönches abgegeben zu haben, aber die Nachbarn hätten vielleicht auf den Lärm hin die Türen zertrümmert. - Restif de la Bretonne, Anti-Justine
 
 

Störung Ruhe

 

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