Ohn ists nicht / das höchstermeldter lobwürdigste Teutsche Käyser von den Italis, umb weilen er sie gewaltig zu Chor getriben / jhne damit zu beschimpfen / weil der Verräther Christi auch einen solchen Bart gehabt haben soll / Barbarossa genannt worden; Solte aber eben darumb ein solches denjenigen zum Spott gereichen / welche die Natur mit solcher Edlen Freudbedeutenten Farb umb jhren Mund bezieret / und jhnen hingegen die Schwartzbärt vorgezogen werden / das were weit gefehlet; sintemal auch ein jeder Bäyrischer Baur wol weiß / umb wieviel ein Ducat besser ist / als ein schwartz-Pfenning?
Den obgedachten Verräther Judam hast du mir vorgeworffen und gesagt
/ daß er einen roten Bart gehabt / gleich wie ich; Solches hab ich öffter
gehöret / und es als ein alte Sag passiren lassen / mich auch niemahl darüber
weder erzürnet / noch verwundert. Aber / Herr Simplicissime, verneme hingegen
auch diese alte Sag / daß er gleichwol / so lang er die Zierde seines Goldfarben
Barts getragen / ein Mitgesellschaffter unsers Heylands gewesen / deme
vor allen andern Aposteln das eingenommene Geld / ohne einige Rechnung
darüber zu thun / anvertrauet worden; So bald er sich aber gehenckt und
sich sein Eingeweid außgeschüt / ist ein Bart daraus entstanden wie der
Deinige. Dessen zu wahrem Uhrkund / wirst du in etlichen alten Gemählten
jhn annoch mit einem schwartzen: die übrige H. Apostel aber mit einem
Goldfarben Diadema bekrönet finden. - BART-KRIEG / oder
Des ohnrecht genanten
Roht-Barts
Widerbellung
gegen
den welt-beruffenen
Schwartz-bart
deß
SIMPLICISSIMI
Darinnen er zu Erhaltung der reputation aller zwar
fälschlich
Roht-genanten Bärt die Goldfarb / wie billich / dem
Kühnruß / das frewdenreiche Gelb / des Teuffels Leibfarb
vorziehet;
und
Allen seines gleichen redlichen / uffrechten Roht-bärten
neben
Wünschung eines glückseeligen Neuen-Jahrs
dardurch einen tröstlichen
Meßkram verehret.
Mit außtrücklicher Freyheit Barbarossæ, von keinem
Schwartzbart
nachzutrucken.
De dato 1673 (Grimmelshausen)
Horuk kam und tat es, ließ den Befreiten aber sogleich an dessen eigenen
Turbanstreifen und ebenso seine sieben Söhne aufknüpfen. Um ganz sicher
zu gehn, ertränkte er dann eigenhändig alle deren Frauen und Kinder im
Badebassin der Familie. Und als nach einigen Monaten ihm die Bedenken der
Bürger gegen seinen schlichten Erbentscheid zu lebhaft wurden, lud er sechzig
der angesehensten freundlich zu einer neuen Sultanswahl ein, ließ die Türen
schließen und alle Eingeladenen umbringen. Inzwischen waren die Spanier gelandet.
Horuks Bruder hatte in Algier zu tun, sein Ansehen zu festigen, und konnte
nicht hindern, was nun geschah. Denn zugleich wimmelte die Ebene von heranstreifenden
Bergkabylen. Und die Rebellion in der Stadt konnte jeden Wimperzuck losbrechen.
Da denn zog Horuk vor, eine Hundertschaft seiner getreuesten Osmanen mit
den zusammengerafften Schätzen zu beladen und mit ihnen sich schleunigst
in Richtung Marokko den Folgerungen zu entziehn. Es war aber zu spät. Obwohl
seine Leute auf seine Anweisung Geld hinter sich streuten, hoffend, die
Verfolger damit aufzuhalten, und sich einer nach dem andern niederhauen
Iießen, damit Horuk den Vorsprung halte, und obgleich er wie ein gehetzter
Hund dreißig Stunden lang lief, holten ihn die Landsknechte ein, fanden
ihn in einem Gehölz niedergesunken vor Erschöpfung hinter der Mauer eines
Ziegenstalls. Er verteidigte sich wild, noch, als eine Lanze ihn durchbohrt
hatte. Ein Soldat packte von hinten seinen roten Schöpf und schlug ihm
das Haupt herunter. Aus seiner goldgewirkten roten Samtweste erhielt die
Madonna des Klosters St. Gerolamo der gewesenen Kalifenstadt Cordova ein
neues Gewand.
- (bord)
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