otbart     Du möchtest mir zwar hier einrucken / die Goldfarben Bärt weren allbereit vor 500. Jahren zu Käysers Friderici deß Ersten Zeiten rot genant worden / dannenhero were solche von unsern Vor-Eltern uff uns ererbte Benennungs-Recht gered / und wol gegeben; massen noch alle so gefärbte Bärt / von jedermänniglichen Rot-Bärt genannt würden. Aber höre / mein Simplicissimè, was der ehrliche Weißbart dein alter Knan darzu sagt? nemlich 1 000. Jahr unrecht / sey nie kein einig Stund recht gewesen; Wilstu aber je unter einen blinden Hauffen / der lange Ohren / und Schellen dran trägt / einen Ordens-Bruder mit abgeben / so magst du meinethalben immerhin fahren.

Ohn ists nicht / das höchstermeldter lobwürdigste Teutsche Käyser von den Italis, umb weilen er sie gewaltig zu Chor getriben / jhne damit zu beschimpfen / weil der Verräther Christi auch einen solchen Bart gehabt haben soll / Barbarossa genannt worden; Solte aber eben darumb ein solches denjenigen zum Spott gereichen / welche die Natur mit solcher Edlen Freudbedeutenten Farb umb jhren Mund bezieret / und jhnen hingegen die Schwartzbärt vorgezogen werden / das were weit gefehlet; sintemal auch ein jeder Bäyrischer Baur wol weiß / umb wieviel ein Ducat besser ist / als ein schwartz-Pfenning?

Den obgedachten Verräther Judam hast du mir vorgeworffen und gesagt / daß er einen roten Bart gehabt / gleich wie ich; Solches hab ich öffter gehöret / und es als ein alte Sag passiren lassen / mich auch niemahl darüber weder erzürnet / noch verwundert. Aber / Herr Simplicissime, verneme hingegen auch diese alte Sag / daß er gleichwol / so lang er die Zierde seines Goldfarben Barts getragen / ein Mitgesellschaffter unsers Heylands gewesen / deme vor allen andern Aposteln das eingenommene Geld / ohne einige Rechnung darüber zu thun / anvertrauet worden; So bald er sich aber gehenckt und sich sein Eingeweid außgeschüt / ist ein Bart daraus entstanden wie der Deinige. Dessen zu wahrem Uhrkund / wirst du in etlichen alten Gemählten jhn annoch mit einem schwartzen: die übrige H. Apostel aber mit einem Goldfarben Diadema bekrönet finden. - BART-KRIEG / oder

Des ohnrecht genanten
Roht-Barts
Widerbellung
gegen
den welt-beruffenen
Schwartz-bart
deß

SIMPLICISSIMI

Darinnen er zu Erhaltung der reputation aller zwar fälschlich
Roht-genanten Bärt die Goldfarb / wie billich / dem
Kühnruß / das frewdenreiche Gelb / des Teuffels Leibfarb
vorziehet; und
Allen seines gleichen redlichen / uffrechten Roht-bärten
neben Wünschung eines glückseeligen Neuen-Jahrs
dardurch einen tröstlichen Meßkram verehret.

Mit außtrücklicher Freyheit Barbarossæ, von keinem
Schwartzbart nachzutrucken.
De dato 1673 (
Grimmelshausen)

Rotbart (2)  Horuk drang, das Gastrecht nicht achtend, ins Badezimmer des Scheichs von Algier und erdrosselte ihn mit der Vorhangschnur, wobei die künstliche Hand genauso gute Dienste tat wie die gesunde. Die Brüder teilten sich Algerien, der eine Ost, der andere West. Beide waren im besten Mannesalter, Mitte der vierzig. Ihre Herrschaft befestigten sie mit Greueltaten, so daß der Bey im angrenzenden Tunis nun seinerseits sich beunruhigt fühlte. Auch blieben die wegen des Asyls auf der Insel Dschirba von den Piraten entrichteten Abgaben plötzlich aus. Die Rotbärte hatten seinen Schutz nicht mehr nötig. Da wandte sich Muley=Achmed ebenfalls leise an die „Christen=Hunde", die Spanier, um Beistand. Horuk aber war geschwinder. Der Herrscher entwich in die Berge. Die Stadt Tunis öffnete die Tore, um der Plünderung zu entgehen. Kistenweise sammelten sich die Tributleistungen vor Horuks Füßen. Und überdies kam eine Abordnung der reichen Stadt Tlemsen und bat den strotzenden Freibeuter, in einer Erbschaftssache zu entscheiden und den vom Sultan in den Kerker gesetzten Berechtigten wieder herauszuholen.

Horuk kam und tat es, ließ den Befreiten aber sogleich an dessen eigenen Turbanstreifen und ebenso seine sieben Söhne aufknüpfen. Um ganz sicher zu gehn, ertränkte er dann eigenhändig alle deren Frauen und Kinder im Badebassin der Familie. Und als nach einigen Monaten ihm die Bedenken der Bürger gegen seinen schlichten Erbentscheid zu lebhaft wurden, lud er sechzig der angesehensten freundlich zu einer neuen Sultanswahl ein, ließ die Türen schließen und alle Eingeladenen umbringen. Inzwischen waren die Spanier gelandet. Horuks Bruder hatte in Algier zu tun, sein Ansehen zu festigen, und konnte nicht hindern, was nun geschah. Denn zugleich wimmelte die Ebene von heranstreifenden Bergkabylen. Und die Rebellion in der Stadt konnte jeden Wimperzuck losbrechen. Da denn zog Horuk vor, eine Hundertschaft seiner getreuesten Osmanen mit den zusammengerafften Schätzen zu beladen und mit ihnen sich schleunigst in Richtung Marokko den Folgerungen zu entziehn. Es war aber zu spät. Obwohl seine Leute auf seine Anweisung Geld hinter sich streuten, hoffend, die Verfolger damit aufzuhalten, und sich einer nach dem andern niederhauen Iießen, damit Horuk den Vorsprung halte, und obgleich er wie ein gehetzter Hund dreißig Stunden lang lief, holten ihn die Landsknechte ein, fanden ihn in einem Gehölz niedergesunken vor Erschöpfung hinter der Mauer eines Ziegenstalls. Er verteidigte sich wild, noch, als eine Lanze ihn durchbohrt hatte. Ein Soldat packte von hinten seinen roten Schöpf und schlug ihm das Haupt herunter. Aus seiner goldgewirkten roten Samtweste erhielt die Madonna des Klosters St. Gerolamo der gewesenen Kalifenstadt Cordova ein neues Gewand. - (bord)

 

Bart Rothaarigkeit

 

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