indvieh Ein
verletzter, nicht betäubter Bulle reißt sich in der Schlachthalle los, seine
rot-weißen Seiten pumpen, wie bei einem Hund steht ihm auf dem Kamm das Fellhaar
zu Berge, sein Brüllen verbreitet Schaudern, er stößt angeschlachtete Kadaver
um, galoppiert kurzbeinig von Kachelwand zu Kachelwand, den Schädel hält er
tief, sein Schwanz fliegt, rosa erscheint die Spitze seiner Rute unter der Quaste
am Bauch, dann wirft er den Kopf wieder hoch, brüllt lauter, zerhackt Holzbehälter,
wirft Wasserbecken und Kannen um, der blutüberströmte Boden wird glitschig,
die Männer gehen auf Distanz, so ein hurengroßer Saustier! An den Türen werden
Riegel vorgeschoben, Schutzschranken kommen herunter, und der Bulle greift an,
dieser schwarze Blick im rot-weißen Schädel, er schlägt alle in die Flucht,
ein Gewehr? Mit den Hörnern meißelt der Bulle faustgroße Brocken aus der Wand,
und dem übereifrigen, dem jungen Metzger, der ihn ermüdet glaubt, schlägt er
den vorgestreckten Schußapparat aus der Hand, stößt den Metzger gegen den Unterleib,
der Metzger fällt zu Boden, der Stier trampelt über ihn, wirft sich gegen das
Hallentor, wie ein Ladung Ziegelsteine kracht er dagegen, ein Sturmbock, die
Schranken ächzen, dann rammt er die Tür zum engen Waagbüro, das unbeschlagene
Holz zersplittert, der Stierenleib verkeilt sich im Türrahmen, die Vorderbeine
zerschmettern Stuhl, Tisch, Waage, holen immer wieder aus und schlagen zu, zwei
Vorschlaghämmer die ausgreifenden Klauen, mit dem Karabinerkolben wird das Guckfenster
hinter der Waage durchschlagen. Nimm dir Zeit, Hans! Ziele ruhig! Die Vorderflanke
wird aufgerissen, ein schwarzes Loch, Pulverdampf, das war ein Schuß! Und die
Klauen greifen weniger weit aus, der Schädel sinkt, die Augen kreisen, röchelnd
stürzt der Stier in die Blutlache am Boden, und der verunglückte Metzger liegt
bewußtlos, seine Schürze ist aufgerissen, Eingeweide schauen hervor, schnell,
schnell ins Spital mit dem! Und alle Arme am Hof bringen den Stierenleib nicht
vom Türrahmen los, halb drinnen im Waagbüro, halb draußen in der Halle wird
die Haut zerschnitten, das Fleisch zerlegt. - Beat Sterchi: Bloesch,
nach
(
loe2)
Rindvieh (2)
Die Guh gibt Milch und stammt aus Leipzig. Wer zuviel Milch trinkt, der bekneipt sich. Der Ochse gibt statt Milch: Spinat. Er spielt am Nachmittage Skat. |
- Joachim Ringelnatz, Kinder-Verwirr-Buch
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