Republik des Kotes    In der düsteren Republik des Kotes herrscht absolute Selbstaufopferung, völlige Einmauerung, unablässige Kontrolle. Dort ist alles Schwärze, Bedrängnis, Unterdrückung. Die Jahre folgen einander in enger Finsternis. Alle sind Sklaven und fast alle blind. Niemand außer den Opfern des großen Zeugung stau mels steigt je an die Oberfläche der Erde, atmet die freie Luft, erblickt das Licht des Tages. Alles vollzieht sich von Anbeginn bis zum Ende in ewigem Schatten. Heißt es, Lebensnüttel an Stellen suchen, wo sie im. Überfluß vorhanden sind, so begibt man sich auf unterirdischen Wegen oder Röhren dorthin, niemals arbeitet man im Freien. Handelt es sich darum, einen Balken, einen Pfeiler oder einen Baum zu zernagen, so greift man ihn von innen an und verschont Anstrich und Rinde. Der Mensch ahnt nichts davon, bemerkt niemals einen einzigen der Tausende von Geistern, die in seinem Hause spuken, die heimlich in den Mauern wühlen und sich erst im Augenblick des Zusammenbruchs und des Ruins offenbaren. Der Gott des Kommunismus wird zum unersättlichen Moloch. Je mehr man ihm gewährt, um so mehr heischt er; und hört erst auf zu fordern, wenn das Individuum vernichtet und sein Unglück unergründlich geworden ist. Die furchtbare Tyrannei, für die es beim Menschen, wo sie stets zum Vorteil einzelner wütet, noch kein Beispiel gibt, hier bringt sie niemandem Nutzen. Sie ist namenlos, immanent, überall verbreitet, gemeinschaftlich, ungreifbar. Das Merkwürdigste und Beunruhigendste ist, daß sie nicht so wie sie ist und völlig fertig einer Laune der Natur entsprang; ihre Entwicklungsstufen, die wir alle wiederfinden, beweisen uns, daß sie sich fortschreitend gestaltet hat und daß die Arten, die uns am zivilisier testen vorkommen, uns auch die am meisten geknechteten und erbarmungswürdigsten zu sein scheinen.

Alle mühen sich also Tag und Nacht ohne Unterlaß in bestimmten, verschiedenartigen und verwickelten Aufgaben ab. Nur die ungeheuerlichen Soldaten in ihren dunklen Kasernen erwarten wachsam, ergeben und für das Einerlei des täglichen Lebens fast nutzlos die Stunde der Gefahr und der Hingabe ihres Lebens. Die Zucht erscheint grausamer als die der Karmeliter oder der Trappisten, und die freiwillige Unterwerfung unter Gesetze und Regeln unbekannter Herkunft ist so bedingungslos, daß keine menschliche Vereinigung uns dafür ein Beispiel bieten kann. Eine neue Form des Verhängnisses, und vielleicht die grausamste, das soziale Verhängnis, dem wir alle zuwandeln, ist zu den uns bekannten Formen, an denen wir schon schwer genug zu tragen hatten, hinzugetreten. Keine Ruhe als im Todesschlaf, selbst Krankheit ist nicht gestattet, und jedes Versagen kommt einem Todesurteil gleich. Der Kommunismus wird bis zum Kannibalismus getrieben, ja bis zur Koprophagie, denn man nährt sich sozusagen nur von Exkrementen. Es ist die Hölle, wie sie sich die geflügelten Gäste eines Bienenstockes ausmalen könnten. Man darf in der Tat vermuten, daß die Biene nicht das Unglück ihres kurzen und abgehetzten Geschickes fühlt, daß sie ein wenig Freude empfindet, wenn sie im Morgentau die Blumen besucht und trunken von ihrer Beute in die einladende, arbeitsame und duftende Atmosphäre ihres Palastes aus Honig und Pollen heimkehrt. Aber zu welchem Zweck kriecht die Termite in ihrer Gruft umher?   - (maet)

 

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