attenkonferenz
Die Lichter
erloschen. Dann fand die Invasion statt, quoll dicht
hervor, als ob ein Sack von Gummisteinen oben auf das Dach geleert worden wäre
und jetzt von allen Seiten herabsprang in der harten Dunkelheit von Muskeln,
Schreien und Funken von tiefschwarz leuchtenden Augen. Als der erste Biß ihm
ein Stück der Hose herausriß, lief er am Boden zusammengekrümmt davon, kam in
der Küche mit den Ratten an, die über seinen Kopf herabstürzten,
und öffnete den Kühlschrank. Er riß die Fächer heraus, die er in der Dunkelheit
fand, warf die Büchsen in die Luft, focht mit einer Flasche gegen zwei kleine
Augen, die schon im Gemüsefach herumliefen, jagte sie hinaus und sprang mit
einem Satz hinein. Er schloß die Tür, ließ jedoch den Finger in dem Spalt, damit
die Tür nicht völlig zuging. Als er den ersten Nadelstich in der Fingerspitze
spürte, die draußen war, ersetzte er den Finger durch die Krawatte.
Im Verlauf der strengen Untersuchung, die vorgenommen wurde, um die Ereignisse
der Nacht zu klären, konnte der Leiter der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit
nicht präzisieren, wie lange er im Inneren des Eisschranks
hatte bleiben müssen, eingerollt wie ein Fötus, während das Eiswasser auf seinen
Kopf tropfte, seine Hände im Krampf erstarrten und sein offener Mund an der
winzigen Türöffnung lag, die von Zeit zu Zeit eine Schnauze zu erweitern versuchte.
Ja, an ein plötzliches Schweigen erinnerte er sich, das sich in dem Landhaus
ausbreitete: kein Ton, kein Geräusch. Nichts. Er öffnete die Tür des Kühlschranks
und spähte hinaus. Ein schwacher Mondstrahl, sonst nichts in der leergeräumten
Küche. Er machte sich auf den Weg durch das hohle Haus, keine Möbel, keine Vorhänge,
keine Teppiche. Nur die Wände. Und die Dunkelheit. Dann begann ein heimliches,
kratzendes Murmeln, das aus dem Konferenzsaal zu kommen schien, und er ahnte,
daß sie alle dort versammelt waren, bei geschlossenen Türen. - Lygia Fagundes
Telles, Ratten-Seminar. In: Phantastische Welten, Hg.
Franz
Rottensteiner. Frankfurt am Main 1984
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