asiertwerden Die Spanier pflegen sich auf eine etwas andere Weise zu rasieren als die übrigen Völker. Sie haben eine Schale, die sie speziell als Rasierbecken bezeichnen. Diese besitzt an der einen Seite des Randes eine Ausbuchtung, die genau das Kinn aufnehmen kann, gegen das sie beim Einseifen fest angedrückt wird. Dies geschieht nicht mit einem Pinsel, sondern indem die Seife in das Wasser eingetaucht und das Gesicht damit eingerieben wird.
In diesem Falle wurde in Ermangelung von etwas Besserem Salzwasser benutzt, und eingeseift wurden nur die Oberlippe und der Hals tief unter der Kehle, da alles übrige gepflegter Bart war.
Da die Vorbereitungen für Kapitän Delano etwas Neuartiges waren, saß er da und sah neugierig zu, so daß sich keine Unterhaltung entspann, und Don Benito schien irn Augenblick auch nicht geneigt, sie wiederaufzunehmen.
Nachdem der Neger sein Rasierbecken niedergesetzt hatte, suchte er unter
den Messern das schärfste aus und gab ihm, als er es gefunden hatte, noch den
letzten Schliff, indem er es auf der glatten, öligen Fläche seiner offenen Hand
abzog. Dann machte er eine Bewegung, als wolle er beginnen, hielt aber, in der
einen erhobenen Hand das Rasiermesser, mitten darin einen Augenblick still und
betastete mit der anderen Hand fachmännisch den Seifenschaum auf dem hageren
Hals des Spaniers. Keineswegs unempfindlich gegen den Anblick des dicht vor
ihm blinkenden Stahls, überlief Don Benito ein nervöses Schaudern. Seine gewöhnliche
Blässe wurde noch betont durch den Seifenschaum und dieser wieder in seiner
Farbe durch den Gegensatz zu der schwarzen Haut des Negers. Im ganzen war es,
wenigstens für Kapitän Delano, eine eigenartige Szene, und er vermochte, als
er die beiden in dieser Stellung beobachtete, sich des Gedankens nicht erwehren,
in dem Schwarzen einen Scharfrichter und in dem
Weißen einen Menschen auf dem Richtblock zu sehen.
Aber das war nur eines dieser grotesken Bilder, die in
einem Atemzug auftauchen und wieder verschwinden und von denen vielleicht auch
der ausgeglichenste Verstand nicht immer verschont bleibt. - Herman Melville, Benito
Cereno. In: H. M., Redburn. Israel Potter. Sämtliche
Erzählungen. München 1967 (zuerst 1849)
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