Rakete   Wie eine Rakete, deren Ventile sich zu vorherbestimmten Augenblicken ferngesteuert öffnen oder schließen, hört Slothrop in einer bestimmten Phase seines Wiedereintritts in den Schlaf auf, durch die Nase zu atmen und schaltet auf Mundatmung um. Daraus entwickeln sich umgehend Schnarcher, die dafür bekannt sind, Doppelfenster aus den Angeln zu heben, Fensterläden aufzustoßen und Kronleuchter in wildes Sturmgeklingel zu versetzen, ja, aller-dings ... Als heute der erste von ihnen erschallt, wacht Katje auf und knallt Slothrop ein Kissen auf den Kopf.  - Thomas Pynchon, Die Enden der Parabel. Reinbek bei Hamburg 1981

Rakete (2)  «Wie ist das in London, Slothrop? Wenn die Raketen runterkommen?»

«Was?» Nach dem Ficken liebt er es, dazuliegen, eine Zigarette zu rauchen und ans Essen zu denken. «Och, daß sie kommen, merkst du erst, wenn sie da sind. Nein, erst nachdem sie da sind. Wenn's dich nicht trifft, bist du okay bis zur nächsten. Wenn du die Explosion hörst, weißt du, daß du noch am Leben sein mußt.»  - Thomas Pynchon, Die Enden der Parabel. Reinbek bei Hamburg 1981

Rakete (3)   «Naja, ich war in diesem Nordhausen, sicher, da hab ich die Stücke und Teile gesehen - aber noch nie eine fertigmontierte Rakete. Das muß schon ein ziemlicher Anblick sein, was?»

Thanatz streckt seinen Krug zum Auffüllen aus. Der Kellner läßt mit stoischer Miene Wasser über einen Löffel in den sich milchig-grün verfärbenden Absinth laufen, während ihm Thanatz die Hinterbacken tätschelt, dann gleitet er davon. Es ist nicht ganz klar, ob Thanatz unterdessen über seine Antwort meditiert hat: «Ja, aufgetankt, lebendig, fertig zum Abschuß ... vierzehn Meter hoch, bebend... und dann dieses phantastische, männliche Brüllen. Es zerriß einem fast das Trommelfell. Grausam, hart, in die jungfräulich-blauen Gewänder des Himmels hineinstoßend, mein Freund. Oh, so phallisch. Finden Sie nicht?»

«Ugh...»   - Thomas Pynchon, Die Enden der Parabel. Reinbek bei Hamburg 1981

Rakete (4)  

Lassen wir eine Rakete starten und ihre Bewegung auf einer »Landkarte« im Phasenraum verfolgen (Abb.). Jeder Punkt auf der »Karte« ist ein Schnappschuß der Höhe und Geschwindigkeit (genauer gesagt des Impulses, d.h. des Produkts von Masse und Geschwindigkeit) in einem Zeitpunkt.

Zwischen A und B erhebt sich die Rakete von ihrer Startrampe und erhöht schnell ihre Geschwindigkeit (im wirklichen Leben verläuft die Beschleunigung vielleicht nicht so gleichmäßig, wie sie auf der »Karte« eingezeichnet ist). In B ist die erste Stufe ausgebrannt, und die Rakete verliert durch die Wirkung der Schwerkraft etwas an Geschwindigkeit. In Punkt C aber schaltet sich die zweite Antriebsstufe ein und feuert, bis in Punkt D auch ohne weiteren Antrieb die Geschwindigkeit praktisch konstant bleibt, weil die Rakete in dieser großen Entfernung von der Erde nur noch sehr schwach angezogen wird.

Um eine treuere Darstellung zu erreichen, könnte ein Wissenschaftler  die Raketenbewegung in einem verfeinerten Phasenraumdiagramm erfassen. Da eine Rakete sich ja in jeder der drei Raumdimensionen bewegen kann und dort - vor allem, wenn sie im Weltraum manövriert - in jeder dieser drei Dimensionen eine verschiedene Geschwindigkeit haben kann, könnte man für die Rakete ein Phasenraumbild mit drei räumlichen Dimensionen und drei weiteren Dimensionen entwerfen, die den Geschwindigkeiten in den drei verschiedenen Richtungen entsprächen. Es ergäbe sich also ein (3 + 3 =) sechsdimensionaler Phasenraum.

Der Zustand der Rakete (die jeweiligen Werte von Ort und Geschwindigkeit) in jedem Augenblick erscheint dann als ein Punkt in diesem sechsdimensionalen Phasenraum. Die Geschichte der Rakete (also wie sie sich bewegt hat) ist dann durch eine Linie im Phasenraum dargestellt, die man auch eine »Bahn« nennt. - John Briggs, F. David Peat, Die Entdeckung des Chaos. Eine Reise durch die Chaos-Theorie. München 1990

 

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