agout
Vitellius gab ein Festmahl bei
der Einweihung einer silbernen Schüssel, die er
wegen ihrer ungeheuren Größe „den Schild der Stadtbeschirmerin Minerva"
zu nennen pflegte. Darin wurden Lebern von Meerbrassen, Gehirne von Fasanen
und Pfauen, Zungen von Flamingos, Milch von Muränen,
zu deren Herbeischaffung man die Kapitäne und die Galeeren aller Meere von Parthien
bis zur spanischen Meerenge in Bewegung gesetzt hatte, zu einem Ragout verbunden,
aufgetragen. - (
sue
)
Ragout (2) MRS. PUGH Leute mit Manieren,
bleckt kalt Mrs. Pugh,
MRS. PUGH nicken bei Tisch nicht ein.
Mr. Pugh windet sich unterwürfig wach. Er setzt ein süßliches Lächeln auf, traurig und grau unter seinem nikotin-eigelben, trübselig niederhangenden viktorianischen Walroßschnurrbart, den er lang und dick trägt, zur Erinnerung an den Giftmörder Dr. Crippen.
MRS. PUGH Du sollst warten, bis du dich in deinen Stall zurückziehst,
sagt Mrs. Pugh rasiermessersüß. Sein schmeichelndes, schmächtiges Viertellächeln friert ein. Schlau und schweigend schleicht er füchsisch in seinen Laboratoriumsbau, und dort, in einem Zischen und blausauren Kreis von Kesseln und Phiolen, randvoll von Pocken und Schwarzem Tod, kocht er ein Ragout aus tödlichem Nachtschatten, Nikotin, heißen Kröten, Zyankali und Fledermaus speichel für seine stichelnde Tropfsteinhexe von schürhakenbuckligem Bettdrachen und Nußknackerweib.
MR. PUGH Bitte vielmals um Verzeihung, meine Liebe,
flüstert er
liebedienernd. - Dylan Thomas, Unter dem Milchwald.
Ein Spiel für Stimmen. Nachdichtung von Erich Fried. Heidelberg 1954
|
||
|
||