lippoth Im Häkelmuster, oder dicht davor, bewegt sich etwas: erst scheint es nur eine Lichtbrechung zu sein, so als befände sich eine Wärmequelle unmittelbar vor dem leeren Stuhl.
«Nein», flüstert sie laut. «Ich will das nicht! Du bist nicht er. Ich weiß nicht, wer du bist, aber du bist nicht mein Vater. Geh fort!»
Die Arme und Beine bleiben still und unbeweglich. Sie starrt hin.
Ich wollte dich nur besuchen.
«Du willst mich besitzen.»
Dämonische Besessenheit ist in diesem Haus nichts
Unbekanntes. Ist das wirklich Keith, ihr Vater? der
ihr genommen wurde, als sie halb so alt war wie jetzt, und nun zurückkehrt,
nicht als der Mensch, den sie kannte, sondern als leere Schale
- ohne den weichen, fleischigen Pulsschlag der Seele,
die lächeln und lieben konnte, die ihre Sterblichkeit spürte, die nun verwest
ist oder gefressen von den spitzen Nadelmäulern des Todes-per-Regierungsorder
— ein Vorgang, der lebendige Seelen gegen ihren Willen in jene Dämonen
verwandelt, die der Hauptstrom der abendländischen Magie die Qlippoth nennt,
die Schalen der Toten ... ein Vorgang auch, dem die herrschende
Ordnung rechtschaffene Männer und Frauen oft schon diesseits des Grabes unterwirft.
In beiden Fällen gibt es weder Würde noch Gnade. Mütter und Väter sind konditioniert,
willentlich in die Tode ihrer Wahl zu gehen: sie fügen sich Krebs oder Herzattacken
zu, geraten in Verkehrsunfälle, ziehen in Kriege, und ihre Kinder lassen sie
allein im Wald zurück. Sie werden dir immer erklären, daß einem die Väter «genommen»
würden, aber in Wahrheit gehen die Väter einfach weg - darauf läuft es hinaus.
Und gegenseitig halten sie sich dabei den Rücken frei. Vielleicht ist diese
Anwesenheit hier, die trocken wie Glas durch den Raum streicht, in einen alten
Stuhl schlüpft und wieder heraus, sogar besser, als einen Vater zu haben, der
noch nicht tot ist, einen Menschen, den man liebt, bei dem man miterleben muß,
wie es passiert... - Thomas Pynchon, Die Enden der Parabel. Reinbek bei
Hamburg 1981
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