ullover
Es ist nicht einfach, vielleicht liegt es am Hemd, das
an der Wolle des Pullovers haften bleibt, aber er bekommt nur mit Mühe
den Arm durch, er schiebt die Hand allmählich vor,
bis endlich ein Finger aus dem blauen Ärmel hervorlugt,
aber beim Licht der Abenddämmerung sieht der
Finger wie runzelig und eingelaufen aus, mit
einem schwarzen, spitz endenden Nagel.
Mit einem Ruck streift er den Ärmel des Pullovers herunter und betrachtet
die Hand, als gehöre sie einem anderen, aber als sie nicht mehr im Pullover
steckt, sieht er, daß es die gewohnte Hand ist, und läßt sie mit dem schlappen
Arm sinken und hält es für das beste, wenn er den anderen Arm in den anderen
Ärmel steckt, um zu sehen, ob es so einfacher geht. Augenscheinlich ist
es nicht der Fall, denn kaum hat sich die Wolle des Pullovers abermals
an den Hemdstoff geklebt, erschwert die mangelnde Übung, mit dem anderen
Ärmel zu beginnen, die Operation noch, und obgleich er von neuem zu pfeifen
beginnt, um sich abzulenken, spürt er, daß die Hand kaum von der Stelle
kommt und daß es ihm ohne ein zusätzliches Manöver niemals gelingen wird,
sie ins Freie zu befördern. Besser, alles geschieht gleichzeitig: er beugt
den Kopf, um ihn durch den Kragen des Pullovers zu stecken, und fährt gleichzeitig
mit dem freien Arm in den anderen Ärmel, streckt ihn und zieht gleichzeitig
mit beiden Armen und reckt den Hals. In dem jähen blauen Zwielicht, das
ihn umgibt, erscheint es absurd, weiterhin zu pfeifen, im Gesicht wird
ihm langsam warm, obgleich sein Kopf teilweise bereits außerhalb sein müßte,
aber die Stirn und das ganze Gesicht sind noch immer bedeckt, und die Hände
langen kaum durch die Hälfte der Ärmel: so viel er zieht, er bringt nichts
heraus, und jetzt kommt ihm der Gedanke, daß er sich in diesem gewissermaßen
ironischen Zorn, mit dem er zu Werke ging, vielleicht geirrt und dummerweise
den Kopf in einen der Ärmel und eine Hand in den Kragen des Pullovers gesteckt
hat. Wäre es so, müßte seine Hand mit Leichtigkeit durchgehen, aber obgleich
er aus Leibeskräften zieht, gelingt es ihm nicht, auch nur eine der beiden
Hände vom Fleck zu bekommen, wogegen der Kopf, wie es scheint, nahe daran
ist, sich Bahn zu brechen, denn die blaue Wolle preßt jetzt mit einem fast
irritierenden Druck auf Nase und Mund, verursacht ihm Atemnot, wie er es
nicht für möglich gehalten hätte, so daß er tief Luft holen muß, wobei
die Wolle über seinem Mund immer feuchter wird — vermutlich färbt sie und
überzieht sein Gesicht mit blauen Flecken. Zum Glück gelangt in diesem
Augenblick seine Rechte an die frische Luft, in die Kälte draußen, so ist
wenigstens eine schon draußen, wenn auch die andere weiterhin im Ärmel
gefangen sitzt; vielleicht hatte er seine rechte Hand tatsächlich in den
Kragen des Pullovers gesteckt, weshalb ihn das, was er für den Kragen hielt,
dermaßen ins Gesicht kniff, ihn schier erstickte, während die Hand so leicht
nach draußen gefunden hatte. Jedenfalls ist, um sicherzugehen, das einzige
Mittel: weitermachen, bis es geschafft ist, tief durchatmen und die Luft
ganz allmählich entweichen lassen, so absurd es auch sein mag, weil ihn
nichts daran hindert, einwandfrei zu atmen, außer
daß die Luft, die er einatmet, mit Wollfasern vom Kragen oder vom Ärmel
des Pullovers durchsetzt ist, und da außerdem der Geschmack nach Pullover
ist, dieser blaue Geschmack der Wolle, die ihm sicher das Gesicht befleckt,
zumal die Feuchtigkeit des Atems sich mehr und mehr mit der Wolle mischt,
und obgleich er es nicht sehen kann, weil seine Wimpern, wenn er die Augen
öffnet, schmerzhaft auf die Wolle stoßen, ist er sicher, daß das Blau sich
ihm allmählich über den feuchten Mund legt, über die
Nasenlöcher, sich auf den Wangen ausbreitet,
und all das erfüllt ihn langsam mit Angst,
und er möchte endlich den Pullover ein für allemal und fertig anziehen,
abgesehen davon, daß es spät sein muß und seine Frau schon ungeduldig in
der Tür des Ladens stehen wird. Er sagt sich, das Vernünftigste ist, er
konzentriert sich voll und ganz auf seine rechte Hand, denn diese Hand
steht, da sie außerhalb des Pullovers ist, in Fühlung mit der kalten Luft
der Wohnung, ist wie eine Verheißung, daß nicht mehr viel fehlt, und kann
ihm im übrigen zu Hilfe kommen, kann am Rücken aufwärts klimmen, bis sie
den unteren Rand des Pullovers mit jener klassischen Bewegung faßt, die
beim Anziehen jedes beliebigen Pullovers, wenn man ihn energisch nach unten
zieht, so hilfreich ist. Das Schlimme ist, daß sich, während die Hand auf
der Suche nach dem Wollsaum den Rücken abtastet, der Pullover anscheinend
völlig um den Hals gerollt hat, und das einzige, worauf die Hand stößt,
ist das Hemd, das immer mehr zerknittert und sogar zum Teil aus der Hose
gerutscht ist, und es hilft auch nicht weiter, die Hand heranzuschaffen
und am Vorderteil des Pullovers ziehen zu wollen, weil auf der Brust nur
das Hemd zu spüren ist, der Pullover muß kaum bis über die Schultern gegangen
sein und sich dort zusammengerollt und gespannt haben, als ob seine Schultern
viel zu breit für diesen Pullover wären. -
Julio Cortázar, Die Nacht auf dem Rücken. Die Erzählungen Bd. 1. Frankfurt
am Main 1998
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