sychiater  Er hatte die offizielle Psychiatrie mit der Hartnäckigkeit eines Irren vertreten. Er hielt es für seine eigentliche Lebensaufgabe, das riesige Material, über welches er verfügte, als Stütze für gangbare Bezeichnungen zu verwenden. In seinem Sinne typische Fälle ließen ihn nicht schlafen. Er hing an der Fertigkeit des Systems und haßte Zweifler. Menschen, besonders Geisteskranke und Verbrecher, waren ihm gleichgültig.

Eine gewisse Lebensberechtigung gestand er ihnen zu. Sie lieferten Erfahrungen, aus denen Autoritäten die Wissenschaft erbauten. Er selbst war eine Autorität. Über die Aufbauer pflegte er, ein mürrischer und wortkarger Mensch, eindringliche Reden zu halten, die Georges Kien, sein Assistent, notgedrungen und vor Scham über so viel Beschränktheit kochend, von Anfang zu Ende und von Ende zu Anfang, stundenlang, stehend, anhörte. Wo eine härtere Meinung gegen eine weichere stand, entschied er sich für die härtere. Den Kranken, die ihn bei jedem Rundgang mit derselben alten Geschichte belästigten, sagte er: »Ich weiß alles.« Seiner Frau gegenüber beklagte er sich bitter über den beruflichen Umgang mit solchen Unzurechnungsfähigen. Ihr offenbarte er auch seine geheimsten Gedanken über das Wesen der Geisteskrankheiten, Gedanken, die er der Öffentlichkeit nur vorenthalte, weil sie für das System zu grob und einfach, also gefährlich seien. Verrückt, sagte er mit großem Nachdruck und blickte seine Frau durchdringend und durchschauend an, sie errötete, verrückt werden eben die Menschen, die immer nur an sich denken. Irrsinn ist eine Strafe für Egoismus. Drum kommt in den Anstalten das größte Gesindel des Landes zusammen. Gefängnisse tun denselben Dienst, aber die Wissenschaft braucht Irrenhäuser als Anschauungsmaterial. Anderes hatte er seiner Frau nicht zu sagen. Sie war um dreißig Jahre jünger als er und verschönte seinen Lebensabend. Die erste Frau war ihm durchgebrannt, bevor er sie, wie später die zweite, in die eigene Anstalt steckte, als unheilbar egoistisch. - Elias Canetti, Die Blendung. Frankfurt am Main 200 (zuerst 1935)

Psychiater (2)  Ich habe lange nachgedacht über die Stellung der Psychiater im blutigen Ernst des Geschehens und ich übergebe heute das Resultat dieses Nachdenkens der brei­testen Öffentlichkeit. In allen Märchen der Welt kommt das berühmte Zauber­schloß vor, an dessen Eingang haarige Riesen mit klobigen Keulen stehen .gerüstet, jeden Ankömmling niederzuschlagen; oder Löwen mit bissigen Rachen und scharf­kralligen Pranken, bereit, über jeden, der kommt, herzufallen und ihn mit Haut und Haaren aufzufressen. Oder Drachen mit feuerspeienden Nüstern und andere lieb­liche Schutzmaßregeln. Drachen, Riesen und Löwen gegenüber wird immer nur eines empfohlen im Märchen: absolute Nichtachtung. Dann sinken sie nämlich zu­rück in die Wesenlosigkeit ihrer Bedeutung und enthüllen sich als das, was sie sind: Phantome für Furchtsame und Unbrauchbare. Denn nur der ist der gegebene Erobe­rer des Schlosses, der sie nicht fürchtet und nicht beachtet. Wer sie ernst nimmt und mit ihnen anbindet, wird unweigerlich von ihnen gefressen. Das sind Psychiater. - Johannes BAADER: Oberdada. Schriften, Manifeste, Flugblätter, Billets, Werke und Taten. Hg. Karl Riha u.a. Lahn-Gießen 1977

Psychiater (3)   Onyx war hyperactive und wurde von seinen Eltern mit 9 zum Psychiater geschickt.
Der Psychiater heisst the shrink.
Der Schrumpfer.   - (pet)
 
 

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Synonyme
Irrenarzt