rise   Kaum daß sie ihre Prise von dem Pulver geschnupft hatte, stürzte, eine der Frauen sich auf den Mann, der sie angeboten hatte, und während dieser im Begriff war, den Rest der Schachtel zu schnupfen, packte sie seine Hand, hielt sie fest, brachte sie an ihr Gesicht und sog das Pulver, bebend vor Leidenschaft, ein.

Mit einem heftigen Ruck befreite sich der Mann und atmete wollüstig den Rest ein. Nun nahm die Frau seinen Kopf zwischen ihre Handflächen (oh, diese blutlosen, gekrümmten Finger, wie Krallen auf jenen schwarzen Haaren!), und mit den feuchten, vibrierenden, zuckenden Lippen warf sie sich auf seinen Mund, leckte gierig seine Oberlippe, steckte die Zunge in seine Nasenlöcher, um die wenigen Körnchen, die am Eingang hängengeblieben waren, aufzusammeln.

«Du erstickst mich!» winselte der Mann, den Kopf nach hinten gebeugt, die Arme gegen die Stuhllehne stemmend: die Halsadern waren geschwollen, infolge der unregelmäßigen Schluckbewegungen floß ihm Speichel aus dem Mund.

Die Frau schien eine kleine Bestie, die, bevor sie ihr Opfer zerreißt, den Duft des noch unversehrten Fleisches auskosten will. Einem zierlichen Vampir glich sie: es schien, als hafteten ihre Lippen mittels der saugenden Kraft des einatmenden Mundes fest an dem Gesicht des Mannes.

Als sie sich loslöste, waren ihre Augen verschleiert, wie die einer Katze, die während des Schlafes sanft die Augen öffnet; und in dem geöffneten Mund (wie gelähmt schlössen sich die Lippen nicht wieder) grinsten die Zähne, wie die Zähne der Toten auf der stummen Maske. Die Frau taumelte und setzte sich auf dem Klavierschemel nieder, ließ ihren Kopf auf den Unterarm und den Unterarm auf die Tasten fallen. Das Instrument gab ein nachklingendes Geräusch von sich. - Pitigrilli, Kokain. Reinbek bei Hamburg 1988 (rororo 12225, zuerst 1922)

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