rimatenbeschimpfung So kurz erst habt ihr euch vom wilden Stammbaum abgelöst, so eng seid ihr noch mit den Lemuren und Halbaffen verwandt, daß ihr, nach Abstraktion strebend, der Anschaulichkeit nicht entbehren könnt, so daß ein Vortrag, der nicht auf praller Sinnlichkeit beruht, der voll von Formeln ist, die über einen Stein mehr sagen, als euch das Betrachten, Belecken und Betasten dieses Steins verraten können, euch langweilt und abstößt oder doch ein Gefühl der Unbefriedigung zurückläßt, das selbst den hohen Theoretikern, den Abstrakteren eurer höchsten Klasse, nicht fremd ist, wovon zahllose Beispiele aus den vertraulichen Geständnissen von Wissenschaftlern Zeugnis geben, denn sie bekennen sich in überwältigender Mehrheit dazu, sich beim Entwickeln abstrakter Argumente ganz auf sinnlich faßbare Dinge stützen zu müssen.
So können die Kosmologen nicht anders, als sich irgendeine anschauliche Vorstellung
von der Metagalaxie zu machen, obgleich sie genau wissen, daß hier von Anschaulichkeit
keine Rede sein kann; die Physiker helfen sich insgeheim mit Bildchen oder gar
mit Spielsachen, wie etwa jenen Zahnrädchen, die Maxwell sich vorstellte, als
er seine im übrigen nicht üble Theorie des Elektromagnetismus aufbaute, und
wenn die Mathematiker glauben, sie würden von Berufs wegen ihrer eigenen Sinnlichkeit
entsagen, so täuschen sie sich ebenfalls, doch davon vielleicht ein andermal,
denn ich möchte euch nicht dadurch bekümmern, daß ich mich mit meinem Horizont
von eurem Begriffsvermögen entferne. - Stanislaw Lem, Also sprach GOLEM. Frankfurt am Main
1986 (zuerst 1973)