Pralinen  Die Nörgeleien eines alten Mannes setzte sie auf die Plusseite, denn sie fand sie recht erheiternd. Sie brachte ihn immer ganz leicht wieder zur Raison, wenn er sich zu sehr erregte, indem sie seinen humpelnden Schritt mit einer offenen Pralinenschachtel stoppte — ein alter Trick, den sie bei Vorschulkindern gelernt hatte. Pralinen wurden zu ihrer Waffe, denn sie besänftigten den Dichter, je klebriger, desto besser. Er nahm seine Zähne heraus, um sie richtig genießen zu können. Daß er sich wieder völlig beruhigt hatte, merkte sie daran, daß er die Schachtel aus den Augen ließ. Dann bediente sie sich selbst.  - Irene Dische, Nannie Jackies Passion. In: I. D., Fromme Lügen. Frankfurt am Main 1989

Praline (2) Sie bot ihm die Praline an, ihn fast flehentlich bittend, aber Mario begriff das Verlangen, das ihre Stimme erfüllte, er begriff es jetzt mit einer Klarheit, die nicht vom Mond kam, nicht einmal von Delia. Er stellte das Glas Wasser auf das Klavier (er hatte es nicht in der Küche getrunken) und nahm mit zwei Fingern die Praline. Delia stand neben ihm und wartete auf das Urteil, ihr Atem ging schwer, so als wenn alles davon abhinge, sie sagte nichts, doch drängte ihn mit Gesten, die Augen weit aufgerissen, die Pupillen geweitet - oder war es wegen der Dunkelheit im Zimmer -, während ihr Körper beim Keuchen ein ganz klein wenig schwankte, denn jetzt war es fast ein Keuchen, als Mario die Praline zum Mund führte, sie anbeißen wollte, doch die Hand wieder senkte und Delia aufstöhnte, als fühlte sie sich mitten in einem unendlichen Genuß jäh getäuscht. Mit der anderen Hand drückte er die Praline leicht zusammen, doch er sah nicht hin, er hielt den Blick auf Delia gerichtet, auf ihr gipsfarbenes Gesicht, ein abstoßender Pierrot in dem Halbdunkel. Die Finger spreizten sich und zerteilten die Praline. Der Mond schien geradewegs auf die weißliche Masse des Kakerlaken, der Leib seines ledernen Panzers entkleidet, und ringsherum, mit Pfefferminz und Marzipan vermischt, die Stückchen von Beinchen und Flügeln, das Pulver der zermahlenen Deckflügel.   - (best)
 
 

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