Präparat   Im feuchten Gebüsch, auf den Hängen des Landwehrgrabens, breitet der Königsfarn seine gewaltigen Laubwedel aus. Dort hatten ihn Erich und Loo überrascht, wie er aus seiner hohen Rispe die Sporen zur Erde streute. Da hatten sie ein Stück des Lehmbodens, der von den keimenden, ihren chlorophyllreichen Inhalt entleerenden, Sporen wie mit feinem grünen Sammet bedeckt war, ausgeschnitten, um ihre weitere Entwicklung unter einer Glasglocke zu verfolgen. -

Komm mit! - Und sie führte ihn in das Turmzimmer, betrachtete flüchtig ihr Präparat unter dem Mikroskop und bat ihn dann, hineinzusehen:

Er ist reif geworden! -

Die Antheridien des bandförmigen Vorkeims hatten sich unter dem Druck des Deckglases gelöst, und die Spermatozoiden schwärmten aus - drängend, hastend, in einem taumelnden unruhvollen Suchen, bis zwei, drei in den offenen flaschenförmigen Hals eines nahegebrachten Archegoniums eindrangen, um sich mit der tiefgelegenen Eizelle zu vereinigen. -

Hm!-

Hm! Ist das alles, was du hier zu sagen weißt? Sagt es dir nichts? garnichts? -

Nun, das Präparat ist sehr hübsch - alle Anerkennung, liebe Loo. -

Sonst nichts? -

Nun ja, viel und wenig - im Grunde garnichts. -

Wieso? -

Wenn du es wissen willst -: dieser kleine ungestüme Spermatozoid und das offene Archegonium ist das, was wir Liebe nennen. Und dann - wie sage ich es am besten? - kehre den Satz um-, die Liebe ist jenes Spermatozoid und Ovum - und die sind Plasmagebilde mit der Funktion der Fortpflanzung. - Es ist ein Schauspiel, ein schönes, gewiß. -

Das ist die Liebe? Das? -

Das ist meine Liebe und deine, ist die Liebe. Frage lieber nicht, was wir aus ihr gemacht haben. ~  - Gustav Sack, Ein verbummelter Student. Stuttgart 1986 (zuerst 1918)

Labor

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