Polizist, irischer  Ich ging geradewegs auf die Tür zu und sah hinein. Ich sah einen enormen Polizisten, der mir den Rücken zuwandte. Seine rückwärtige Erscheinung war ungewöhnlich. Er stand hinter einer kleinen Thekenbarriere in einem adretten, weißgetünchten Tagesraum; sein Mund war offen, und er betrachtete sich in einem Spiegel, der an der Wand hing. Und wieder finde ich es schwierig, den genauen Grund dafür anzugeben, daß meine Augen seine Gestalt ohne Beispiel und ungewohnt fanden. Er war sehr groß und dick, und sein Haar, das im Überfluß über den wulstigen Nacken irrte, war von der bleichen Farbe des Strohs; all das war verwunderlich, aber nicht unerhört. Ich ließ meinen Blick über seinen riesigen Rücken, über die dicken Arme und Beine schweifen, die in eine blaue Uniform aus grobem Tuch gezwängt waren. So gewöhnlich jeder seiner Bestandteile für sich genommen wirkte, schienen sie doch insgesamt - dank einem unnachweisüchen Mißverhältnis in Anordnung oder Proportion - einen äußerst beunruhigenden Eindruck von Unnatürlichkeit zu bewirken, die fast auf das Entsetzliche, das Monströse schlechthin hinauslief. Seine Hände waren rot, aufgedunsen und gewaltig, und es schien, als habe er eine davon zur Hälfte in seinen Mund gesenkt, als er in den Spiegel starrte.

»Es sind die Zähne«, hörte ich ihn versonnen und halblaut sagen. Seine Stimme klang schwer und leicht abgedämpft, und sie erinnerte mich an eine dicke, winterliche Steppdecke. Ich muß ein Geräusch gemacht haben, oder wahrscheinlich sah er mein Abbiid im Spiegel, denn er drehte sich langsam um, wobei er sein Gewicht mit gemächlicher und schwerer Erhabenheit verlagerte und weiter mit den Fingern im Mund hantierte; und während er sich wandte, hörte ich ihn murmeln: »Fast jede Krankheit hängt mit den Zähnen zusammen.« Sein Gesicht sorgte für eine weitere Überraschung. Es war unförmig dick, rot und ausgedehnt, es hockte viereckig auf dem Kragen seines Uniformrocks und besaß eine plumpe Gewichtigkeit, die mich an einen Sack Mehl erinnerte. Seine untere Hälfte wurde von einem grellroten Schnurrbart verdeckt, der aus der Haut hervor- und weit in die Luft hineinschoß wie die Fühler eines ungewöhnlichen Insekts. Seine Wangen waren rot und rund, und seine Augen waren fast unsichtbar, da sie von oben durch das Hindernis seiner quastigen Brauen und von unten durch das wogende Fett unter seiner Haut verborgen wurden. Er trat schwerfällig an die Barriere, und ich näherte mich demütig von der Tür her, bis wir einander von Angesicht zu Angesicht gegenüberstanden.

»Handelt es sich um ein Fahrrad?« fragte er.

Seine Miene war, als ich ihr begegnete, unerwartet beruhigend. Sein Gesicht war grob und alles andere als schön, aber er hatte seine verschiedenen ungefälligen Gesichtszüge auf eine geschickte Weise soweit gemäßigt und zusammengestellt, daß sie für mich einen guten Charakter, Höflichkeit und unendliche Geduld ausdrückten. Über dem Schirm seiner Dienstmütze stak ein wichtig aussehendes Abzeichen, und darüber befand sich in goldenen Lettern das Wort SERGEANT. Es war Sergeant Pluck persönlich.

»Nein«, antwortete ich und streckte meine Hand aus, um mich auf die Barriere zu stützen. Der Sergeant sah mich ungläubig an.

»Sind Sie sicher?« fragte er. »Gewiß.«

»Auch nicht um ein Motorrad?« »Nein.«

»Eins mit Doppelkopfzylinder und einem Dynamo zur Lichterzeugung? Oder mit Rennlenkrad?« »Nein.«

»Unter diesen Umständlichkeiten kann es sich nur um ein Fahrrad mit Hilfsmotor handeln«, sagte er. Er blickte erstaunt und verwirrt drein und lehnte sich seitlich mit Hilfe seines stützenden Ellenbogens auf die Barriere, wobei er sich die Knöchel seiner rechten Hand zwischen die Zähne schob und seine Stirnhaut zu drei enormen Runzeln der Verblüffung faltete.  - (obr)

 

Iren Polizist

 

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