Pickelhaube   Durch die wie von einem Wirbelsturrn geöffnete Tür stürmten die drei Kerle herein, mit erhobenem Gewehrkolben, doch nicht, um sich zu ergeben, sondern um totzuschlagen. Einer der Preußen, der gerade dabei war, die an den vier Gliedmaßen gefesselte Frau zu vergewaltigen - zur Freude der anderen, die trinkend warteten, bis sie an die Reihe kämen -, war billigerweise der erste, den die sehr sichere Hand von Gueule-de-Bois traf. Der Hieb brach ihm auf der Stelle das Kreuz, wie einer Viper, und in der ersten Sekunde der Verblüffung, die dem Handgemenge vorausging, vernahm man diesen großartigen Schlag, der den Ganoven zu Boden warf, wo er sich krümmte und Schreie ausstieß, die man zwei Meilen weit hören konnte.

Dies war der Auftakt zu einem der teuflischsten aller Tänze. Die Deutschen, in der Mehrzahl unbewaffnet, wurden schlagartig nüchtern. Für einen Augenblick standen sie noch zehn gegen drei, aber dieser Moment dauerte nicht einmal so lange, um diese Tatsache zu bemerken. Die Keulen hoben und senkten sich mit unwiderstehlicher Kraft, und von nun an war im Wutgeschrei und im Zersplittern der Möbel nur noch eine Stimme deutlich zu vernehmen — die schrecklich raue Stimme von Gueule-de-Bois, der ununterbrochen Preußen zermalmte und nur ein Wort wiederholte: »Schweine! Schweine!« -dieses eine Wort, das aus ihm hervorzuquellen schien wie kotige Brühe aus einem Kanal.

Kaum wahrnehmbar war der Moment, in dem der sichere Sieg in ein Gemetzel überging. Nur Marchenoir war einmal kurz ernsthaft in Gefahr. Einem riesenhaften Menschen gelang es, sich seiner Waffe zu bemächtigen, die ihm der zukünftige Pamphletist trotz seiner ganzen Kraft nicht mehr entreißen konnte. In dieser Situation wäre das Auftauchen eines zweiten, wenn auch verwundeten Feindes eine tödliche Gefahr gewesen. Plötzlich sah er eine Flasche in Reichweite seiner rechten Hand. Dieser habhaft zu werden, den Flaschenboden an der Wand zu zerschmettern und die Scherben auf bestialische Weise im Gesicht seines Gegners einzupflanzen, dessen Augen hervorspritzten, war alles Teil einer einzigen Bewegung.

»Derselbe« seinerseits schuftete zum Entzücken der Engel. Marchenoir erinnerte sich daran, ihn in dieser Nacht des Schreckens flüchtig erblickt zu haben, wie er den Kopf eines Mannes mit schweren Mühlsteinschlägen auf einem Tisch zertrümmerte.

Merkwürdige und sehr unheimliche Besonderheit: Nicht eine Patrone wurde abgefeuert. Alles ging so schnell, dass hierfür vielleicht die Zeit fehlte. Und dann ist der Tod auch viel schöner, wenn man ihn auf andere Weise erteilt! Der schreckliche Gueule-de-Bois, trunken und toll nach Auslöschung, hatte sein Chassepot-Gewehr in die Ecke geworfen. Jetzt durchwühlte er Deutschland mit Messerstichen, als wolle er sein Herz essen.

Kommen wir zum Schluss. Die Mutter starb während des Gemetzels. Den Vater fand man im Nachbarzimmer an sein Cidrefass gefesselt, er war wahnsinnig geworden und blickte mit einem irren Lachen auf den Leichnam des armen Kleinen, der an einem Dachbalken über ihm baumelte ...

Die Abenteurer kehrten im frostigen Morgengrauen ins Lager zurück, mit Blutspritzern überzogen, wie Metzger, die aus dem Schlachthaus kommen. Der Gefreite Gueule-de-Bois allerdings schleppte ein seltsames Gepäck, das er seelenruhig, ohne ein einziges Wort zu sagen und ohne dass sich ein einziger Muskel in seinem traurigen und gewaltigen Wildschweinantlitz rührte, dem erstaunten Befehlshaber vor die Füße warf. Es waren zwölf Pickelhauben, in denen jeweils ein Paar Ohren lag.  - Léon Bloy, Blutschweiß. Berlin 2011 (zuerst 1893)

Haube Helm

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