Perdemännchen    Borg sagte: »Ich bin der, der ihr sein möchtet. Ich bin einer der wenigen, die ein Lustdasein führen, während die meisten Menschen, wie ihr auch, nur Lustträume haben. Es will keiner nur Magen sein, wenn er edleres sein dürfte. Aber die meisten Menschen können vor Feigheit nicht edel sein.«

Harald erbleichte. Es waren klare Sätze von den fleischigen Lippen des anderen gekommen. Wer möchte nur Speisen verschlingen, wenn er bei einer Frau im Bette liegen könnte ? Aber auch der Vorwurf der Feigheit war erhoben worden. Die Anklage war halb ungerecht. Sie vergaß, daß zwar viele berufen, aber nur wenige auserwählt sind. Daß die meisten, er selbst auch, Harald, an ihrer kümmerlichen Gestalt scheiterten. Die Pferdemännchen wurden in ihrer Jugend schon, wenn ihre Knochen mittelmäßig, zu Wallachen verschnitten; wenige nur wuchsen zu Hengsten heran. Die, die verschnitten waren, entsprachen den Träumern, wie hier gesagt wurde. Es war sehr bitter, daß die Gestraften sich weiter demütigen und zu Verehrern der Kraftvollen werden mußten. Wie er jetzt, Harald, der diesen Fremden mit seinen Augen streichelte. Wie Frau Inge Tidemand, seine Mutter, vor ihm. Und daß er betteln mußte, das Geheimnis dieses Menschen möchte in ihm hell werden. Der zwar freigebig mit seiner Meinung und seinem Urteil, nicht aber ein Apostel, der sich Nacheiferer erziehen wollte, war.  - Hans Henny Jahnn, Perrudja. Frankfurt am Main 1966 (zuerst 1929)

Pferd

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VB
Männchen

Synonyme
Hengst