ferdeblick    Herschele stand auf und ging das Pferd einspannen. Das Pferd sah ihn ernst und traurig an.

Schön, Herschele, sagten seine Augen. Du hast mir gestern keinen Hafer gegeben, hast mir vorgestern keinen PIafer gegeben, und auch heute habe ich nichts gekriegt. Wenn du mir auch morgen keinen Hafer gibst, muß ich mir über mein Leben Gedanken machen.

Herschele wich dem forschenden Blick aus, schlug die Augen nieder, strich über die weichen Pferdelippen. Dann seufzte er so geräuschvoll, daß dem Pferd ein Licht aufging, und entschied: Ich geh zu Fuß zu Rabbi Boruchl.   -  Isaak Babel, Schabbes nachamu, nach (babel)

Pferdeblick (2)

Pferdeblick

- Johann Heinrich Füssli ("Nachtmahr")

Pferdeblick (3)  Das Pferd, das an diesem Tage noch nicht geritten worden war, schäumte über vor Lebenslust, wie es so in ungehemmter Freiheit dahingaloppierte. Feuervogel war wie die meisten Pferde manchmal schwer zu halten, wenn man ihm frisch vom Stall weg die Zügel gab. Der Hauptmann wußte dies und richtete sein weiteres sonderbares Verhalten danach. Er ließ das Pferd etwa einen Kilometer ruhig galoppieren und brachte es dann mit einem so plötzlichen Ruck zum Stehen, daß es stolperte und stieg. Dann stand es still: verwundert, aber gefügig — zur größten Zufriedenheit des Hauptmanns.

Dies Spiel wiederholte sich noch zwei weitere Male. Der Hauptmann ließ dem Pferd die Zügel, bis es sich ganz dem vollen Genuß seiner Freiheit hingab, um es dann ohne jede Warnung jäh zu parieren. Er empfand bei dieser seltsamen und versteckten Art von Selbstkasteiung eine Befriedigung, die er anderen schwerlich hätte erklären können.

Beim drittenmal parierte das Pferd genauso brav; was aber dann geschah, beunruhigte den Hauptmann derart, daß seine ganze Zufriedenheit dahin war. Denn als sie so allein auf dem Reitweg dastanden, drehte das Pferd seinen Kopf langsam nach hinten und sah den Hauptmann an; dann legte es die Ohren zurück und senkte langsam den Kopf.

Der Hauptmann hatte plötzlich das Gefühl, daß der Hengst ihn abwerfen — und nicht nur abwerfen, sondern töten würde. Er hatte immer Angst vor Pferden gehabt und ritt nur, weil es sich nun mal so gehörte und weil das Reiten ihm eine willkommene Gelegenheit bot, sich selbst zu quälen. Er hatte den eleganten Sattel seiner Frau nur deswegen gegen den plumpen Armeesattel umgetauscht, weil er sich an dem hohen Sattelbogen notfalls festklammern konnte. Jetzt saß er steif da und hielt sich am Sattel und an den Zügeln fest. Dann überwältigte ihn die Furcht so vollends, daß er jeden weiteren Kampf aufgab, die Füße aus den Bügeln zog, die Hände vors Gesicht hielt und sich vorsichtig umsah, wohin er wohl fallen würde.  - Carson McCullers, Spiegelbild im goldenen Auge. Zürich 1974 (zuerst 1941)

Pferdeblick (4)

- Topor

Tierblick Pferd

 

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