faffenvergleich Um gegen die katholischen Pfaffen zu schreiben, muß man audi ihre Gesichter kennen. Die Originalgesichter sieht man aber nur in Italien. Die deutschen katholischen Priester und Mönche sind bloß schlechte Nachahmungen, oft sogar Parodien der italienischen; eine Vergleichung derselben würde ebenso ausfallen, als wenn man römische oder florentinische Heiligenbilder vergleichen wollte mit jenen heuschreckiichen, frommen Fratzen, die etwa dem spießbürgerlichen Pinsel eines Nürenberger Stadtmalers, oder gar der lieben Einfalt eines Gemütsbeflissenen aus der langhaarig christlich neudeutschen Schule, ihr trauriges Dasein verdanken.
Die Pfaffen in Italien haben sich schon längst mit der öffentlichen Meinung
abgefunden, das Volk dort ist längst daran gewohnt, die geistliche Würde von
der unwürdigen Person zu unterscheiden, jene zu ehren, wenn auch diese verächtlich
ist. Eben der Kontrast, den die idealen Pflichten und Ansprüche des geistlichen
Standes und die unabweislichen Bedürfnisse der sinnlichen Natur bilden müssen,
jener uralte, ewige Konflikt zwischen dem Geiste und der Materie, macht die
italienischen Pfaffen zu stehenden Charakteren des Volks-Humors, in Satyren,
Liedern und Novellen. Ähnliche Erscheinungen zeigen sich uns überall, wo ein
ähnlicher Priesterstand vorhanden ist, z. B. in Hindostan. In den Komödien dieses
urfrommen Landes, wie wir schon in der Sakontala bemerkt und in der neulich
übersetzten Vasantasena bestätigt finden, spielt immer ein Brahmine die komische
Rolle, sozusagen den Priestergrazioso, ohne daß dadurch die Ehrfurcht, die man
seinen Opferverrichtungen und seiner privilegierten Heiligkeit schuldig ist,
im mindesten beeinträchtigt wird, - ebenso wenig wie ein Italiener mit minderer
Andacht bei einem Priester Messe hört oder beichtet, den er noch Tags zuvor
betrunken im Straßenkote gefunden hat. In Deutschland ist das anders, der katholische
Priester will da nicht bloß seine Würde durch sein Amt, sondern auch sein Amt
durch seine Person repräsentieren; und weil er es vielleicht anfangs mit seinem
Berufe wirklich ganz ernsthaft gemeint hat, und er nachher, wenn seine Keuschheits-
und Demutsgelübde etwas mit dem alten Adam kollidieren, sie dennoch nicht öffentlich
verletzen will, besonders auch weil er unserem Freunde Krug in Leipzig keine
Blöße geben will, so sucht er wenigstens den Schein eines heiligen Wandels zu
bewahren. Daher Scheinheiligkeit, Heuchelei und gleißendes Frömmeln bei deutschen
Pfaffen; bei den italienischen hingegen viel mehr Durchsichtigkeit der Maske,
und eine gewisse feiste Ironie und behagliche Weltverdauung. -
Heinrich Heine, Reisebilder: Italien, Die Stadt Lucca
Pfaffenvergleich (2) Ein
katholischer Pfaffe wandelt einher als wenn ihm der Himmel gehöre; ein protestantischer
Pfaffe hingegen geht herum als wenn er den Himmel gepachtet habe. - (ebd.)
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