ergament  Die griechischen Quellen zur chasarischen Frage werden durch ein wichtiges Dokument gestützt, das die Daubmannus-Ausgabe als »Großes Pergament« erwähnt. Dem byzantinischen Kaiser Theophilos wurde laut dieser Quelle eine Gesandtschaft aus Chasarien zugeschickt; einer der Gesandten trug auf seinem Körper die eintätowierte chasarische Geschichte und Topographie, aufgezeichnet in chasarischer Sprache, doch in hebräischen Schriftzeichen. Zur Zeit der Tätowierung des Abgesandten bedienten sich die Chasaren bereits gleichberechtigt der griechischen, hebräischen oder arabischen Schriftzeichen als dem Alphabet ihrer Sprache; ließ sich aber einer der Chasaren taufen, so benutzte er nur eines dieser drei Alphabete, nämlich dasjenige, das seinem neuen Glauben entsprach. Auf diese Weise begannen die Chasaren, die sich teils zum griechischen Glauben, teils zum Islam bekehrten oder auch den Judaismus annahmen, ihre chasarische Sprache dergestalt zu verdrehen, daß sie möglichst wenig der Sprache derjenigen Chasaren glich, die auch weiterhin in ihrem ursprünglichen Glauben verharrten. Einige Quellen indes akzeptieren die Behauptung, wie sie bei Daubmannus über den tätowierten Gesandten vorgetragen wird, nicht, sie sind vielmehr der Ansicht, daß von einem reich verzierten Gefäß aus Salz die Rede gewesen sei, das man dem byzantinischen Imperator als Geschenk zugesandt hatte, damit dieser von ihm die chasarische Geschichte ablesen konnte, und daß die ganze Erzählung vom »Großen Pergament« in Wahrheit nur das Ergebnis einer falsch gelesenen historischen Quelle sei. Mit diesem vernünftigen Einwand hat es jedoch seine Schwierigkeiten. Akzeptiert man, daß die Rede von einem Salzgefäß ist, vermag man den Rest der Erzählung vom »Großen Pergament« nicht zu begreifen; die aber lautet wie folgt:
Auf dem »Großen Pergament« wurden die Jahre anhand der chasarischen großen Jahre berechnet, die lediglich die Kriegszeiten berücksichtigten, so daß man sie in kleine griechische Jahre umrechnen mußte. Der Anfang des Pergaments war verlorengegangen, und das, weil dem Gesandten aus Anlaß einer Bestrafung der Teil seines Körpers abgehauen wurde, auf dem das erste und das zweite große chasarische Jahr aufgezeichnet gewesen waren. So beginnt die chasarische Geschichte in ihrem erhalten gebliebenen Teil mit dem dritten großen Jahr, als nämlich im 7. Jahrhundert (nach heutiger Zeitrechnung) der byzantinische Kaiser Herakleios mit Hilfe der Chasaren Kriegszüge gegen Persien unternahm. Die Chasaren nahmen unter der Führung ihres Königs Ziebel an der Belagerung von Tiflis teil, um sich im Jahre 627 zurückzuziehen und die griechischen Truppen vor dem Feind allein zurückzulassen. Sie behaupteten, für jede Sache gelte die eine Ordnung, solange diese Sache anwachse, eine andere dagegen, wenn diese Sache im Abflauen begriffen sei; Abreise und Rückkehr unterlägen nicht denselben Gesetzen, vor und nach dem Erfolg gälten nicht dieselben Absprachen. Auch die Pflanzen wüchsen nach einem Erdbeben auf neue Weise und anders als bisher. Das vierte große Jahr beschrieb die Siege der Chasaren über das bulgarische Bündnis, als ein Teil dieses hunnisch-onogurischen Stammes von den Chasaren unterworfen wurde, während sich der andere unter Asparuch nach Westen bis zum Donaulauf zurückzog, zu Stämmen, die den Wind peitschten, auf deren Kopf anstelle von Haar Gras wuchs und deren Gedanken frostig war. Das fünfte und sechste große Jahr (auf der Brust des Gesandten verzeichnet) enthielten die Historie der Kriege des Chasarenreichs zur Zeit des byzantinischen Kaisers Justinian II. Nach seiner Absetzung wurde Justinian, verjagt und verstümmelt, in Cherson gefangengesetzt, von wo aus er zu den Chasaren floh, vollständig nackt und auf seinem Wege unter schweren Steinen schlafend, um nicht zu erfrieren. Am Hof des chasarischen Kagan wurde er gut aufgenommen und mit der Schwester des Kagan verheiratet, die den griechischen Glauben und den Namen Theodora annahm (nach dem Namen der Kaiserin Justinians I.) und dennoch weiterhin, getreu chasarischer Sitte, der Meinung war, Gott habe sich der Jungfrau Maria im Traum gezeigt und sie mit dem geträumten Wort geschwängert. So fand Justinian II. das erste Mal bei den Chasaren Rettung. Beim zweiten Mal sollte er seinen Weg unter ihnen beenden, denn Zuflucht vermag man bei ihnen zu finden, entfliehen aber kann man ihnen nicht. - (pav)
 
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