enis, infantiler  «Sie scheinen ihn sehr zu mögen», warf Maureen ein.

Sandy wandte sich vom Fenster ab. «Quatsch, ich hab zuviel Angst, ihn nicht zu mögen.» Sie starrte mit offenem Mund ins Leere und begann dann ganz langsam ein wenig zu grinsen. «Aber er ist irgendwie süß, wissen Sie. Mein Gott, im Bett... Ich glaube, daher hat er auch seinen Spitznamen, der Wildman. Ich schwöre Ihnen, wenn der ihn hochkriegt, dann muß man wirklich, wie er immer sagt, mit 'nem Stock draufschlagen, damit er wieder runterkommt.» Sandys Grinsen wurde breiter, als ihr Blick zu Maureen hinüberwanderte. «Worüber lächeln Sie?»

«Ich hab da auch Erfahrungen, auf dem Gebiet», antwortete Maureen. «Ich war neun Jahre lang bei den Sexualverbrechen, und da habe ich, glaube ich, alles gesehen, was es zu sehen gibt. Ich meine, ziemlich komische Sachen.»

«Mann», sagte Sandy, «das muß interessant gewesen sein. So Vergewaltiger und Abartige und so? Perverse?»

«Hm-hm. Ziemlich viele Perverse. Vor allem Exhibitionisten.»

«Ja? Männer mit Regenmänteln und nichts drunter?»

«Die Profis schneiden sich das ganze Vorderteil aus der Hose. Einer von den Verrücktesten ... Wir erhielten Meldung von einer Vergewaltigung. Drüben im City-County Building war eine Sekretärin ins Treppenhaus gezerrt und vergewaltigt worden. Als wir sie fragten, wie der Mann ausgesehen habe, ob er besondere Merkmale hatte, sagte sie, ja, wenn sie es recht bedenke, habe er einen infantilen Penis gehabt.»

«Großer Gott!» staunte Sandy. «Ein Vergewaltiger!» Das klang sogar ein bißchen traurig. «Haben Sie ihn erwischt?»

«Wir haben Verdächtige zusammengeholt,  Wiederholungstätcr», erzählte Maureen, «aber zunächst mußten wir sie ja aussortieren, wenn Sie verstehen, was ich meine.»

Sandys Miene hellte sich auf. «Ach ja, um zu sehen, wer einen infantilen hatte.» Sie krauste die Stirn. «Wie klein ist eigentlich infantil?»

«Moment», sagte Maureen. «Wenn ein Verdächtiger hereingebracht wurde, befahl ihm einer unserer Beamten, die Hosen runterzulassen.»

«Haben Sie auch welche gesehen?»

«Na ja, ein paar. Aber im ganzen wurden, glaube ich, einhundertsiebenundfünfzig Penisse inspiziert.»

«Mann!» staunte Sandy ehrfürchtig. «Einhundersiebenundfünfzig! Himmel...» Dann hielt sie nachdenklich inne. «Aber Moment mal! Infantil, hat das Mädchen gesagt, aber im Vergleich wozu? Ich meine, vielleicht hatte ihr Alter einen Schwengel, der ihm bis auf die Knie hing.»

«Daran haben wir auch gedacht», sagte Maureen. «Im Vergleich wozu? Wir haben den Mann nie erwischt.»

«Das ist 'n Ding!» sinnierte Sandy. «Aber Sie lernen wenigstens 'ne Menge interessanter Leute kennen.»

«Na ja, langweilen tu ich mich nie», gab Maureen zu.   - Elmore Leonard, High Noon in Detroit. Reinbek bei Hamburg 1983 (rororo thriller 2623, zuerst 1980)