assagier, blinder  Am Dienstagabend spaziert über die Promenade von Montego Bay auf Jamaika vor der Bar des Portorikaners Pippin ein ausnahmsweise einmal unverkennbarer Geheimagent namens John Fitzgerald Kahn (auch bekannt als Conon Molody), so unverkennbar, daß Pippin schon seit einer halben Stunde die Whiskyflaschen aus dem Regal unter den Tresen räumt und sicherheitshalber auch die metallenen Rolläden vor dem Lokal zu drei Vierteln geschlossen hat. Punkt acht biegt, von rechts kommend, ein schwarzer Rolls-Royce langsam in die Promenade ein. Zu spät bemerkt Kahn, daß die beiden Fenster der linken Wagenseite weit geöffnet sind. Er kann gerade noch in einen schmalen übelriechenden Abwäaserschacht springen. Dann jagen auch schon zwei hastig aus den Wagenfenstern gestoßene automatische Pistolen ihre vorn abgeplatteten Bleikugeln gegen Pippins geschlossene Jalousien. Im menschlichen Körper gehen diese Geschosse glatt durch. Hinterlassen aber beim Austritt ein Loch, das man kaum mit einem Bierfilz abdecken kann.

Unten im Hafen läßt Conon Molody eine perfekte Taucherausrüstung, die etwas zu auffällig an der Rückwand eines Holzschuppens hängt, unbeachtet und versteckt sich m einem großen Sauerkrautfaß, das bald darauf mit anderen Gegenständen, darunter auch einem schwarzen Rolls-Royce, auf eine spanische Brigantine verladen wird. Kahn hört das Zuklappen der Luken über dem Ladedeck. Als er das leise Schaukeln eines in offener See befindlichen Schiffes zu spüren beginnt, löst er den Deckel des Fasses und schleicht sich an Deck. Von den Passagierkabinen her vernimmt er unterdrückte Frauenschreie und das klatschende Geräusch einer in nacktes Fleisch eindringenden Peitsche. Vor der Kabine, aus der die Schreie dringen, legt Conon Molody einem im Sitzen eingeschlafenen Wachtposten ein Seil, das über eine Rolle herabhängt, um den ungewaschenen Hals und zieht das andere Ende rasch hoch. Der Mann erwacht noch einmal kurz, aber seine Füße baumeln bereits zehn Zentimeter über dem Boden.

Conon Molody gehört nicht zu den Männern, die glauben, daß es ganz falsch sei, eine Frau zu schlagen. Als er in die Kabine eindringt, deren Tür nur angelehnt ist, prallt er dennoch zurück: Linda!

Aber ehe er sich auf den mit bloßem Oberkörper breitbeinig vor der aufs Bett gefesselten, völlig entkleideten Frau stehenden Mann, dessen Gesicht eine große Narbe entsetzlich verunziert, stürzen kann, sieht er sich plötzlich von einer Schar schwarzleinener flinker Chinesen umgeben. Einige Augenblicke lang sieht man den sportlich durchtrainierten, herrlichen schwarzen Körper des amerikanischen Agenten mit der fettwabbelnden, schwammigen gelben Masse eines riesigen bärenstarken Chinesen, dem Anführer der Gruppe, der sich für diesen Zweikampf fast völlig entkleidet hat, ringen. Dann bricht Molody zusammen.

Er erwacht auf einer Waldlichtung im dämmernden Morgen. Die in der Ferne sich auftürmenden Berge kann er ohne viel Mühe als die den Chattanooga Strom östlich begrenzenden Appalachen erkennen.   - (baer)