assagier  Meine Heimstatt  wurde  das Fahren, das Warten an Haltestellen und Bahnhöfen, überhaupt das Unterwegssein. Die täglichen neunzig Kilometer oder, mit den Fußstrecken, drei Stunden des Hin und Her zwischen dem Dorf und der Stadt bildeten einen Zeitraum, der zugleich den, angesichts aller Umstände, mir entsprechenden Lebensraum gab. Es ließ mich jedesmal aufatmen, endlich wieder unter diesen meist Unbekannten zu sein, von denen ich niemanden mehr einzuordnen brauchte, und die auch mich nicht einordneten. Die Fahrtzeit lang waren wir weder arm noch reich, weder Bessere noch Bösere, weder deutsch noch slowenisch, höchstens jung und alt - und auf den Rückfahrten am Abend war mir sogar, als zähle zwischen uns nicht einmal das Alter mehr. Aber was waren wir dann? Im klassenlosen Personenzug einfach »Reisende« oder »Passagiere«, und im Autobus, noch schöner, die »Fahrgäste«. Manchmal zog ich aus verschiedenen Gründen den Bus vor: Einmal konnte ich damit länger unterwegs sein; zum andern war es da dunkel; und schließlich erschienen mir auf den Busfahrten selbst die zum Überdruß Bekannten als Verwandelte. - Peter Handke, Die Wiederholung. Frankfurt am Main 1992 (zuerst 1986)
 
 

Reisende Fahren

 

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