arodie   Nachdem die weißen Zuschauer mit Erleichterung erkannt hatten, daß keiner der Kämpfenden in Stücke gehackt worden war, beobachteten sie mit gesteigerter Faszination, was weiter geschah. Die schwarzen Zuschauer blieben ruhig, doch sie fanden nichts Erheiterndes an dem Schauspiel, denn es war nicht mehr komisch.

Der weiße Arbeiter stillte das Blut, das von seinem Kopf floß, mit einem Reserve-T-Shirt, das er immer bei sich trug - vielleicht weil er immer auf das Schlimmste gefaßt war -, und entdeckte plötzlich eine Rolle Seil, die an einem Stuhl hing. Die Parkwächter brauchten es, um die Stühle nachts aneinanderzubinden, doch jetzt brachte es den weißen Arbeiter auf eine glänzende Idee. »Laßt uns den Nigger aufhängen.«

Die anderen fünf Männer in der Gruppe gehörten eigentlich nicht mehr der Henker-Klasse an oder hatten ihr vielleicht auch nie angehört. Trotzdem erkannten sie sofort, welche Möglichkeiten in dem Vorschlag steckten. Alle Zutaten für einen kolossalen Witz waren beinander: ein Seil, ein gefesselter Nigger und darüber ein Baum.

»Klare Sache«, stimmte der Blonde mit dem aufgeschlitzten Kinn zu, der sich zum Sprecher der anderen gemacht hatte. Er zwinkerte dem weißen Arbeiter zu, um sicherzugehen, daß es zu keinem Mißverständnis kommen würde, und fügte hinzu: »Du holst das Seil.«

Die weißen Zuschauer sahen den Witz sofort. Ein erwartungsvolles Lächeln breitete sich in ihren Gesichtern aus. Sie versprachen sich eine neue Art von Variete, bei der ein Lynchmord parodiert wurde.

Die schwarzen Zuschauer wurden verdrossen und wütend angesichts dieser rassistischen Komödie, und ihre Gesichter verdüsterten sich, bis sie so schwarz waren, wie sie es sich nur wünschen konnten.

Der weiße Arbeiter brachte das Seil und den Stuhl, an dem es befestigt war, und rollte es demonstrativ langsam vor den Augen des Schwarzen auf. Die anderen der weißen Männer hielten den Schwarzen mit den Knien am Boden fest, und er konnte sich nicht rühren; seine Augen aber starrten unverwandt auf das Seil wie die Augen eines von der Schlange hypnotisierten Kaninchens. Während er das Seil langsam aufrollte, um auch das letzte Quentchen Sadismus aus dieser Szene zu pressen, sprach der weiße Arbeiter feierlich: »Hast du noch irgendwas zu sagen, bevor wir dich aufhängen, Nigger?«

»Yeah, laß mich deine Mama zum letztenmal ficken«, antwortete der Schwarze trotzig.

Lächelnd knüpfte der weiße Arbeiter eine Schlinge in das Ende des Seils, das nicht am Stuhl befestigt war. »Damit wirst du kommen, Nigger.« Dann sagte er zu den anderen. »Setzt den Nigger auf den Stuhl.«

Als sie den Schwarzen auf den Stuhl hoben, an dem das Seil befestigt war, verschwand das Lächeln aus den Gesichtern der weißen Zuschauer, ein besorgtes Vorgefühl ließ sie erschaudern. Protest regte sich unter den Versammelten, knappe Bewegungen, halbe Gesten, zögerliche Schritte, Grimassen des Abscheus. Doch der Anblick der Schlinge, die über den Kopf des Schwarzen geworfen und um seinen Hals enger gezogen wurde, lahmte sie mit einemmal.

»Das ist nicht komisch«, rief eine weiße Frau.   - Chester Himes, Plan B. Berlin 1994 (Alexander Verlag, zuerst 1993)

Parodie (2)  Beim Lesen des »Malleus maleficomm«, dieses schrecklichen Kodex des Jacob Sprenger, der der Kirche die Möglichkeit gab, Tausende von Nekromanten und Zauberern zu verbrennen, erkannte Des Esseintes im Sabbat alle obszönen Gebräuche und Blasphemien des Sadismus wieder. Außer den Üblichen widerlichen Szenen, die der BÖse liebt, den Nächten, darin die Paare sich in verworfenster Weise umarmten und in der Bestialität der Brunst das Blut floß, fand er in diesem Werk die Parodie der Prozessionen, die ständigen Beschimpfungen und Bedrohungen Gottes, das Gefühl der Ergebenheit gegenüber seinen Rivalen, während man, Wein und Brot verfluchend, auf dem Rücken einer Frau, die auf allen vieren stand und deren nackter, dauernd besudelter Steiß als Altar diente, die schwarze Messe zelebrierte und die Anwesenden mit einer schwarzen Hostie, in die das Abbild eines Bockes gepreßt war, das Abendmahl begingen.   - Joris Karl Huysmans, Gegen den Strich. Frankfurt Berlin Wien 1972  (zuerst 1884)

 

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