anorama »Hier kommt das Panorama von New York!« rief der Führer. Wir wandten uns alle um.
»Columbia University.« Ein junges Mädchen in weißen Tennisschuhen kam die endlosen flachen Stufen hinabgerannt, die zur Straße führten.
»Das rote Häuschen auf dem Hügel war früher ein Irrenhaus. Das hier ist das Barnard-Frauen-College - man beachte die Warntafel.«
»Gift«, stand darauf, »betreten verboten.« Wir lachten zwar, aber ich weiß
bis heute nicht, warum. - Djuna Barnes, New York. Berlin 1987
(zuerst 1918)
Panorama (2) Die ›Panorama-Show‹ war nichts
anderes als vier oder fünf Kästen, in die man zehn Pfennig einwerfen konnte,
worauf hinter einem Guckloch eine Serie von Bildern vorüberzog. Dazu bekam man
zwei Kopfhörer, aus denen man begleitende Musik und Erklärungen zu den Bildern
hörte. - Wir waren von Anfang an überzeugt, daß der Gauner auch unzüchtige Bildserien
hatte, aber wir konnten ihn nie dabei erwischen. Er hat nicht nur einen Riecher
für alles, was mit uns zusammenhängt, er kennt natürlich auch so gut wie jeden
Kriminaler. Wenn einer von uns auftauchte, führte er immer nur vUnsere Alpen‹,
›Aus der Welt der Feuerwehr‹ oder ›Höhepunkte der Olympiade Mexico 1968‹ vor.
Mit seiner ›Panorama-Show graste er die Bahnhöfe aller größeren Städte
ab. Ich gebe zu: weil wir uns so darauf konzentrierten, ihm unzüchtige Bildserien
nachzuweisen, entging uns der eigentliche Trick bei der Sache: die Gucklöcher
an den Kästen waren nämlich so tief angebracht, daß sich die Leute beim Hineinschauen
bücken mußten. - Fünfundachzig Prozent der männlichen Bevölkerung bewahrt, nach
Polizeistatistik, die Geldbörse in der Gesäßtasche auf. Augen und Ohren abgelenkt,
das Gesäß wegen der zu tief angebrachten Gucklöcher in die Luft gestreckt -
selbst ein weniger geschickter Taschendieb als Einsteinchen
hätte da ein leichtes Spiel gehabt! Aber, wie gesagt, es ist uns einfach entgangen,
weil wir nur an unzüchtige Bilder dachten. - (
ruin
)
Panorama (3) In
weißflimmernder Hitze hocken sie auf alten Knochen und Exkrementen und rostigen
Eisenträgern, ein Panorama nackter Idioten bis zum Horizont.
Es herrscht totales Schweigen — ihre Sprachzentren sind zerstört — , und das
einzige, was man hört, ist das Knistern der Funken und das Brutzeln von versengtem
Fleisch, während sie ihr Rückenmark von oben bis unten mit Elektroden bearbeiten.
Der weißliche Rauch von angesengtem Fleisch hängt m der windstillen Luft. Kinder
haben einen Idioten mit Stacheldraht an einen Pfahl gefesselt und zwischen seinen
Füßen ein Feuer gemacht. Jetzt stehen sie da und sehen mit bestialischer
Neugier zu, wie ihm die Flammen an den Schenkeln hochzüngeln. Sein Fleisch zuckt
und windet sich in insektenhafter Agonie. - (
lun
)
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