aarungsfreiheit
Die Genetik geht manchmal (ging damals) unverhoffte Wege, die wir heute kaum
verstehen können. Mit Darwin kam es zu einer Nivellierung (einer Vermassung)
der Erblichkeit, weswegen gewisse Dinge wie etwa der Sexualverkehr mit einem
Löwen (oder anderen Arten) nicht mehr erlaubt sind oder als abschreckend hingestellt
werden, da sie unfruchtbar bleiben. Was statistisch stimmt; die Paarung einer
Frau mit einem Löwen zeugt normalerweise keinen Nachwuchs. Doch damit wird a
priori der seltene Fall ausgeschlossen, der womöglich durch die große Häufigkeit
eines täglichen Verkehrs, mit Beharrlichkeit, mit einem beständigen und überzeugten
Verkehr zwischen einer Frau während des Eisprungs und einem männlichen Löwen
erreicht wird. Es wird, so sage ich, die (seltene, das stimmt, zufällige und
unvorhersehbare) Möglichkeit einer hypothetischen Zeugung von Ungeheuern ausgeschlossen.
Als ob man verpflichtet wäre, normale Kinder zu haben; wenn es doch weibliche
Wesen geben kann, die sich ein Monster wünschen, die sich einen Zwerg, einen
Riesen, ein behaartes (hy-pertrichotisches) Kind, ein Kind mit Stacheln oder
mit einem Schnabel oder mit einem Schildkrötenpanzer oder mit Schuppen und so
weiter wünschen. Auch wenn es selten ist, so kann ein moderner Staat nicht gegen
die freie Willensentscheidung einer freien Mutterschaft vorgehen und kann nicht
Paarungen verhindern, die heute abnorm erscheinen, aber morgen schon von allen
zugelassen sein oder gesucht werden können (da vorteilhaft). Im späten Mittelalter
und im ganzen Altertum gab es diese moderne Abschottung jeder Art in sich selbst
nicht, man paarte sich in aller Freiheit auch unter weit voneinander entfernten
Arten, nicht nur mit Menschenaffen (von denen manche sagen, sie stammen vom
Menschen ab, und andere sagen, sie seien sehr gut unter jedem Gesichtspunkt),
sondern auch mit Enten, Schwänen, Ziegen, Pferden, Minotauren, Hirschkühen und
so fort, wodurch bisweilen Mischungen entstanden, die man heute für unmöglich
erklären würde. Aber sie sind bezeugt. Nero (der römische Kaiser, 37 n. Chr.-
68
n. Chr.) hatte zum Beispiel einen Frosch gezeugt; und das wird in der Heiligenlegende
erzählt, stammt nicht von mir. Er hatte sich mit seiner Mutter Agrippina gepaart,
die von derselben Art war wie er. Aber jetzt möge mir Darwin erklären, wie eine
Mutter mit einem Sohn einen Frosch zeugen kann, der außerdem noch giftig ist
(vgl. Legenda Aurea von Jacobus de Voragine, 1228-1298). Was für Kinder
hinterher der Frosch hatte, weiß man nicht, ob sie zum Beispiel Nero ähnlich
sahen, welcher der julisch-claudischen Dynastie entstammte, oder ob sie Amphibien
waren, die mehr zum Wasser neigten. - Ermanno Cavazzoni, Das kleine Buch der Riesen. Berlin
2010
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