pferlamm

                                           "Damit euer Zutraun
größer zu meinem Geschenk: Der am höchsten betagt ist bei euren
Schafen als Führer der Schar, soll ein Lamm durch den Zauber euch werden."

Gleich wird herbeigeschleppt ein Widder, dem rings um die hohlen
Schläfen die Hörner sich winden, den zahllose Jahre entkräftet.
Als die Giftmischerin mit thessalischem Dolch seine faltge
Kehle durchbohrt und das Eisen mit wenigem Blute befleckt hat,
bringt sie des Tieres Leib zugleich mit den wirkenden, starken
Säften in ehern Gefäß. — Und, sieh! sie verkleinern die Glieder,
ätzen die Hörner hinweg, mit den Hörnern nicht minder die Jahre.
Und ein zartes Blöken erklingt aus dem Innern des Kessels.
Flink, dieweil ob desBlökens sie staunen, entspringt ihm ein Böckchen,
flieht in lustigen Sprüngen und sucht sich ein tränkendes Euter.

Staunend stehn die Töchter des Pelias. Da das Versprochne
glaublich erwiesen, drängen sie jetzt erst recht auf Erfüllung.

Dreimal hat Phoebus das Joch den ins Meer des Westens getauchten
Rossen genommen, es funkeln die strahlenden Sterne der vierten
Nacht, da stellt voll Trug des Aeetes Tochter auf zehrend
Feuer in reinem Wasser der Wirkung ermangelnde Kräuter.
Schlaf, dem Tode gleich die Glieder lösend, umfing den
König schon und umfing mit dem König zugleich seine Wächter,
Schlaf, den Lieder gewirkt und die zaubrische Macht ihrer Zunge.
Als die Töchter mit ihr, wie geheißen, ins Zimmer getreten,
rings um das Lager gegangen, begann sie: „Was zaudert ihr jetzt, ihr
Trägen? Die Schwerter gezückt. Laßt aus das verbrauchte ihm fließen,
daß ich mit jungem Blut die leeren Adern erfülle.
Liegt doch in eueren Händen die Lebensdauer des Vaters.
Ist er irgend euch wert und spielt ihr nicht eitel mit Hoffnung,
tut dem Erzeuger den Dienst, mit den Waffen treibt ihm das Alter
aus und macht mit dem Schwert die verdorbenen Säfte entweichen!"

Unfromm zuerst wird gerade die Frömmste bei solcher Ermahnung;
frevelhaft nicht zu sein, begeht sie den Frevel. Doch keine
trägt es, zu sehn, wie sie trifft; — sie richten zur Seite die Blicke,
abgewandt schlagen sie blind mit wilden Händen die Wunden.
Pelias, schwimmend im Blut, stemmt hoch seinen Leib auf dem Lager,
halberschlagen sucht er, vom Bett sich zu heben, und mitten
zwischen sovielen Schwertern die bleichen Arme erhebend,
ruft er: „Was tut ihr, o Töchter? Was waffnet euch gegen des Vaters
Leben?" und ihnen sinkt der Mut und sinken die Hände.
Ehe er mehr noch sprach, schnitt Kehle und Wort ihm Medea
ab und warf seinen Leib zerstückt in das kochende Wasser.

 - (ov)

Opfertier Schaf
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