dessa Odessa
ist eine abscheuliche Stadt. Das weiß jedermann: Statt »das ist ein
großer Unterschied« sagt man dort »das sind zwei große Unterschiede«,
und auch sonst sagt man vieles anders. Ich glaube aber, man kann auch
viel Gutes über diese bedeutende und bezaubernde Stadt des Russischen
Reiches berichten. Wohlgemerkt, es ist eine Stadt, in der es sich leicht
und hell leben läßt. Die Hälfte seiner Bewohner sind Juden, und die
Juden sind ein Volk, das ein paar sehr einfache Dinge sehr schön geprägt
hat. Sie heiraten, um nicht einsam zu sein, sie lieben, um die
Jahrhunderte zu überleben, sie sparen Geld, um Häuser zu haben und ihren
Frauen Persianerjacken zu schenken, sie sind liebevolle Väter, weil es
sehr schön und sehr notwendig ist, daß man seine Kinder liebt.
Gouverneure und Zirkulare schaffen den armen Juden aus Odessa viel
Unannehmlichkeit, aber sie aus ihrer Position zu verdrängen ist nicht
leicht, denn ihre Position ist uralt. Man verdrängt sie nicht und guckt
ihnen vieles ab. Ihren Bemühungen ist es in bedeutendem Maße zu danken,
daß um Odessa eine Atmosphäre von Helle und Leichtigkeit entstand.
- (babel)
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