de

oDE

O
die lieben alten Leutchen die
unsre Welt beherrschen (und mich und
dich wenn wir nicht O-bacht
geben)

O
die goldig betulichen hirnlosen
Wachsfiguren als
Er-und-Sie vermummt vollgepfropft
mit muffigen Ideen (o die

Quintillionen von unglaublich
dattrigen gottfürchtigen zahnlückigen
immer-so-auf-anderer-Leute-
Angelegenheit-erpichten

Zweifüßler) o
die lästigen
lieben nutz- und haarlosen

Alten

- Edward Estlin Cummings, nach (mus)

Ode (2)  

Endlich werden wir dich sehen,
Mächtiger des Westens.
Vielleicht werde sogar ich dich zu Gesicht bekommen,
wenn du durch den Sächsischen Garten spazierst.
Du mußt dir nicht einbilden, ich käme zu Hofe.
Es liegt mir nicht das Geringste
an Ehrenbezeugungen von Euresgleichen.
Andererseits wüßte ich doch zu gern,
was man so redet in Euren Kreisen.
Mit dem Zaren sollst du ja per du sein.
Was Politik angeht, bin ich zwar noch ein dummes Schaf,
also mach ich keine langen Worte,
doch vergiß eines nicht, mein lieber Wilhelm:
Sag diesem listigen Lumpen von Bismarck,
er soll die Friedenshosen nicht zuschanden wetzen.
Du tust es für Europa, Kaiser des Westens.

- Rosa Luxemburg in Warschau 1884, nach: Frederick Hetmann, Rosa L. - Die Geschichte der Rosa Luxemburg und ihrer Zeit. Frankfurt am Main 1979

Ode (3)

An Priap

Leckt Votzen, Ihr neun Pindars-Luder,
Leckt mit Apoll, der schläfrig geigt;
Und dessen kleiner matter Bruder,
Nur durch das Fingern aufwärts steigt:
Priap! beseele meine Leier,
Und gönne ihr das rege Feuer,
Das sich durch deine Klöt ergeußt:
Und durch die aufgeschwollenen Röhren,
Um deine Wollust zu vermehren,
Dickschäumend in die Votze fleußt.

Kommt Hurenbuben, kommt zusammen,
Zeigt euren Mut und fuchst euch satt,
Ein Schauspiel setzt mich jetzt in Flammen,
Das nie der Himmel schöner hat:
Ich sehe Brüste, Zitzen strotzen,
Nebst tausend auserlesenen Votzen,
Von kaltem Bauer überschwemmt;
Ich sehe tausend Klöte glänzen,
Bei tausend auserlesenen Schwänzen,
In feiste Lenden eingestemmt.
O, reiz mich oft mit solchen Bildern,
Du meiner Sehnsucht Gegenstand;
Die Wollust ist nie genug zu schildern,
Die nur zu sehn mein Herz empfand.
Priap! Dir bau ich einen Tempel,
Und vögle andern zum Exempel
Zwölfmal, den Altar einzuweihn;
Statt Gold soll kalter Bauer glänzen,
Und Votzenhaar die Tür umkränzen,
Mein Schwanz soll Hoherpriester sein.
Mensch, Adler, Wolf und Walfisch lehren,
Wie man beständig vögeln soll;
Der Sperling ist nie genug zu ehren,
Denn der ist immer samenvoll.
Kurz, alles muß gevögelt werden,
Die Votz enthält was man auf Erden,
Erhabenes nur denken kann;
Sie zeigt sich, - tausend Schwänze starren,
Der Weise vögelt mit dem Narren,
Der Bürger mit dem Edelmann.

Sind meine Klöt nur voll von Feuer,
Und macht mein Schwanz sein Meisterstück,
Dann bin ich reich bei einem Dreier,
Und scheiße fast auf alles Glück.
Zufrieden und entfernt vom Neide,
Seh ich in meinem schlechten Kleide,
Die Pracht der großen Herren an,
Weil der, der auf dem Throne sitzet,
Wenn er den Samen von sich sprützet,
Nicht mehr als ich, empfinden kann.

Seht auf Athens erhab'nen Plätzen,
Melkt sich ein Schwanz der Zyniker;
Die Menge sieht ihn mit Ergötzen
Und steht mit Ehrfurcht um ihn her.
Es läßt sich Sturm und Donner hören,
Doch nichts kann unsern Weisen stören,
Obgleich der Himmel kracht und blitzt;
Er fähret fort mit langen Zügen,
Bis daß er taumelnd für Vergnügen,
Den edlen Samen von sich sprützt.

O, fuchste man doch in der Hölle,
Euch Furien - dich, Zerberus!
Euch Parzen - und dich Schiffsgeselle;
Euch fuchst ich bloß zum Überfluß.
Weil aber dieser Wunsch vergebens,
So fuchst ich hier die Zeit des Lebens,

Und tret alsdann die Wallfarth an;
Doch wird es mich am meisten beugen,
Wenn ich den Pluto sehe geigen,
Und selber nicht mehr vögeln kann.
So magst du mich nur immer quälen,
Furcht, Unglück, wie auch du nur willst;
Mich rührst du nicht, nur niedern Seelen
Sind, wenn du Trost mit Gram erfüllst.
Ich will mich wie mein Schwanz erheben,
Und über Glück und Unglück schweben
Mit stoischer Gelassenheit;
Man mag mich fliehn, man mag mich hassen,
Wird mir mein steifer Schwanz gelassen,
So sterb ich mit Zufriedenheit.


- Johann Heinrich Voß, nach: Dein Leib ist mein Gedicht. Deutsche erotische Lyrik aus fünf Jahrhunderten. Hg. Heinz Ludwig Arnold, Frankfurt am Main u.a. 1973
 (Ullstein 2934)

Ode (4)

Eine klassische Ode

Oh, Strom von Tyrus, nun werd ich's gewahr,
Mit Schwingen Armageddons Feinde rüsten,
Ganz klar nun vernehm' ich's, wie Kolkothar -
(Doppelgestirn, dessen Parsen sich brüsten);

In deinen Tiefen am steinigen Grund
Die Najaden mit dem Lenze springen
Wie zu Ocidelus' Zeit, so die Kund,
Die Glocke Phicols, mit leichtem Schwingen

Scharen stolzer Tiger trieb.
Welch Wonne Unverhüllt von Peristome, nun denn -
Wie Diamanten funkelnd in der Sonne
Auf Klee und Moos im feuchten Fenn.

Wie das Schmettern von Tubal, so heftig
Wie die Gesänge der Sappho, so froh
Wie die Lanze des Arnon, so kräftig
Die er einst warf vor den Pharao.

- N.N.?

Ode (5)

Ode (gewöhnliche)  Willst du eine cirkusprinzessin sein, mit gewichsten stiefelchen, mit ein wenig seife hinterm ohr, mit einer locke halbmond in der stirn, mit einem offenen knopf am busen, mit einer maus in der wasche, mit einem löwen auf dem dach?

Nackt im hemd zwischen gelehrten schwanen, zwischen beredten gänsen, eine blume als unterleib, ein feigenblatt als antlitz, im wachen die äugen schließend, im traume wachend wie die wachtel, so eilig, so weilig, so flink aus der haut wie die windsbraut . . .

Bist du ein vollkommener abend, oder die grille, die durch die hecke hüpft, bist du ein lift mir zum herzen, ziehst du den vorhang dicht, reuen dich die zuckerbüchse und die reizende milchkanne, ist deine farbe zu dunkel, ist deine ferse zu hell?

Im volldampf mit fliegenden haaren, wie ein pfeil durch die quelle und fort durch den mittag, mit glühwürmchenaugen, die in der laterne des weltdetektivs schlummern, ein elastisches harz neben gelben bluten, ein laubwerk, das ich wegen seines schattens liebe.

Liebst du eine stecknadel, heiratest du eine kullernde schelle, springst du vergnügt durch papierenen schnee, spreizest du der lilie die beine, sagst du montag zum sonntag, bist du eine nachtmütze, eine patinaputte, ein pantöffelchen, eine kleine ampel, ein rosa plakat?

Eine herbstliche witterung, die über ein haus fällt, ein garten, zu dem ein weg führt, die namen von bäumen und blumen, die farbe, die japanisch murasaki heißt und auf deutsch lila, im schatten einer hecke wie eine grille kommen, das zurückdenken an einen gewissen Sommeranfang, das spiegeln eines teiches, in dem ein fisch namens karausche schwimmt...

Bist du eine partikel, die die trennung ausdrückt, ein tag, der neulich wie ein schöner regen erschien, ein blatt an der türschwelle,

bist du der oberlauf eines waldflusses oder die kühle strömung durch einen warmen see, ein würziger luftzug durch einen reisighaufen im juli, eine ganz kleine glocke mit dem tempel der musik im innern?

Das mitleid oder die christliche liebe, das kaltwerden eines ofens in den blauen bergen, das wehklagen der kraniche am rande des winters, der sand, der später einmal aus strohsandalen fallen wird, der plötzliche anblick eines papierdrachens, der sich gen himmel arbeitet, oder die drachenschnur, die sich reckt und streckt und die finger zerschneidet?

Kommst du aus einer ausweglosen ratlosigkeit oder aus einem wahren herzensgrund, bist du bitter wie ein traum, der aus einer honigwabe nach mir greift, bist du ein salziger rasen, den nicht der geringste tau streift, die erinnerung an ein wildfeuer, das nicht den geringsten rauch trug, eine von tränen geblendete libelle, der gleißende sturz eines sternes, das letzte zipfelchen des untergehenden mondes oder wünschest du.mir gleichfalls gute nacht?   - H.C. Artmann, Unter der Bedeckung eines Hutes. Montagen und Sequenzen. Frankfurt am Main 1976 (st 337, zuerst 1974)

Ode (7)

ODE AUF DEN KÖNIG VON HARLEM

Mit einem Löffel
stach er die Augen aus den Krokodilen
und schlug der Affen Arsch.
Mit einem Löffel.

Feuer von je schlief in den Kieseln,
und es vergaßen ganz das Moos der Dörfer
im Rausche des Anis die Käfer.

Und jener Alte da, bedeckt mit Pilzen,
ging, wo die Neger weinten, hin,
wobei des Königs Löffel krachte
und die Zisternenwagen mit verdorbnem Wasser kamen.

Die Rosen flohen an den Rändern
der letzten Biegungen der Luft,
und schamrot von beflecktem Wüten
zerstampften Kinder kleine Eichhörnchen in Krokushaufen.

Man muß die Brücken überschreiten
und zu dem schwarzen Schamgefühl gelangen,
damit der Lungenduft
an unsre Schläfen klopft mit seinem Kleid
aus warmer Ananas.

Man muß den blonden Schnapsverkäufer töten,
die Freunde all des Apfels und des Sands,
und nötig ist es, mit geballten Fäusten

die kleinen Jüdinnen zu stoßen, die, bedeckt mit Blasen, zittern,
auf daß mit seinen Menschenmassen Harlems König singe,
auf daß in langen Reihn die Krokodile schlafen
unter dem Asbest des Monds,
und daß nur niemand zweifle an der grenzenlosen Schönheit
des Kupfers, Teigrads, Wedels und der Kasserollen in den Küchen.

Ay Harlem! Ay Harlem! Ay Harlem!
Es gibt nicht irgendeine Angst, die deinen hart bedrückten Augen gliche,
und deinem tief erschrocknen Blut, verhohlen in Verdunklung,
deiner granatenen Gewalt, taubstumm im Dämmer,
und deinem in Portierslivree gefangnen großen König!

Die Nacht hatt' einen Spalt
und ruhige Salamander, elfenbeinern.
Es trugen die amerikanschen Mädchen
Kinder im Bauch und Münzen,
und an dem Kreuz der ausgereckten Faulheit
fielen in Ohnmacht junge Burschen.

Die sinds.
Die sinds, die Silberwhisky trinken
neben den Vulkanen
und in den eisgen Bärenbergen
Stückchen von Herz verschlucken.

In jener Nacht, mit schrecklich hartem Löffel,
riß Harlems König aus
den Krokodilen ihre Augen
und schlug der Affen Arsch.
Mit einem Löffel.
Die Neger weinten, wirr,
inmitten Regenschirmen, goldner Sonnen,
und die Mulatten zogen Gummi lang, mit Sehnsucht, daß zum weißen Torso sie wohl kämen,
der Wind ertrübte Spiegel       
und zerbrach der Tänzer Venen. 

Neger, Neger, Neger, Neger.

Und keine Türen hat das Blut in eurer auf dem Rücken ausgestreckten Nacht.
Es gibt kein Schamrot. Wütend Blut, da unter euren Häuten,
lebendig auf des Dolches Grat und in der Landschaft Brüsten,
zwischen den Scheren und den Ginsterbüschen himmlischen Krebsmonds.

Blut, das auf tausend Wegen Asche sucht von Narden und Tode, eingepudert,
und starre, jäh geneigte Himmel, wo die Planetenkolonien
an Stränden rollen mit den Dingen, die verlassen.

Blut, das sehr langsam aus dem Augenwinkel sieht,
Blutsaft von ausgedrücktem Sparto, unterirdischen Nektaren.
Blut, das verrosten macht den achtlosen Passat in einer Spur
und das die Falter auflöst an den Fensterscheiben.

Das Blut ists, das da kommt, das kommen wird
dann über Dächer, Söller, überall,
der blonden Frauen Chlorophyll zu brennen,
zu seufzen an der Betten Fuß vor den Lavabos, die nicht schlafen können,
und um an einem Morgenrot von Tabak und von mattem Gelb dann zu zerspritzen.

Entfliehen muß man,
muß entfliehen um die Ecken und ein sich schließen in den obersten Etagen,
denn durch die Spalten wird das Mark der Wälder dringen,
um eine leichte Spur in eurem Fleisch zu lassen von Verschwinden
und eine falsche Trauer von verblichnem Handschuh und von Rose aus Chemie.

Und gerade während der so weisen Stille ists,
daß Kellner, Köche und all jene, die mit der Zunge
der Millionäre Wunden säubern,
den König suchen in den Straßen, auch in den Winkeln des Salpeters.

Ein Südwind, der aus Holz, schräg auf dem schwarzen Schlamm,
bespeit die Barken, die zerbrochen, und bohrt sich Spitzen in die Schultern;
ein Südwind, welcher Eckgezähn
und Sonnenblumen, Alphabete mitbringt,
ein Voltaelement auch mit ertranknen Wespen.

Und das Vergessen drückte sich durch nur drei Tropfen Tinte aus auf dem Monokel,
die Liebe durch ein einzges unsichtbares Antlitz auf des Steines Fläche.
Und Mark von Pflanzen, Blumenkronen komponierten auf den Wolken eine Wüste
von Stielen ohne eine einzge Rose. 

Zur Linken und zur Rechten, im Norden und im Süden
taucht auf die für den Maulwurf
teilnahmslose Mauer, des Wassers Nadel.
Nicht suchet, Neger, ihren Riß,
um aufzufinden ihre Maske ohne Ende.
Der Mitte große Sonne sucht,
zu Ananas, die summt, Geformte.
Die Sonne, die dahin auf Wäldern gleitet,
gewiß, nicht eine Nymphe anzutreffen,
die Sonne, Zahlzerstörerin, die nie noch einen Traum gekreuzt,
die tatauierte Sonne, die zum Flusse niedersteigt
und brüllt, gefolgt da von Kaimanen.

Neger, Neger, Neger, Neger.

Nicht Schlange, Zebra, nicht die Maultierstute
sind je erbleicht beim Sterben.
Nicht weiß, der Holz hackt, wann die Bäume,
die schreienden, verhauenen, die er fällt.
Und wartet nur im Pflanzenschatten eures Königs,
bis Schierling, Disteln, Nesseln umstoßen auch die letzten Söller.

Dann, Neger, dann, ja dann
könnt rasend ihr des Fahrrads Räder küssen,
von Mikroskopen Paare in die Eichhornhöhlen stellen
und schließlich tanzen, ohne Zweifel, derweil die hochgesträubten Blumen
ermorden unsren Mose beinahe in des Himmels Binsen.

Ay Harlem du, vermummt!
Ay Harlem du, bedroht von einem Haufen Kleider ohne Kopf!
Zu mir dringt dein Geräusch,
zu mir dringt dein Geräusch, das Stämme quert und Lifts,
durch graue Platten,
drin seine Autos schwimmen, ganz bedeckt mit Zähnen,
durch tote Pferde, winzige Verbrechen,
durch einen großen König, der verzweifelt,
und dessen Bart reicht bis ans Meer. 

- Federico Garcia Lorca, Dichter in New York. Frankfurt am Main 1963 (Übs. Enrique Beck, zuerst 1930)

 

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