oDE O O Quintillionen von unglaublich Zweifüßler) o |
- Edward Estlin Cummings, nach (
mus
)
Ode (2)
Endlich werden wir dich sehen,
Mächtiger des Westens.
Vielleicht
werde sogar ich dich zu Gesicht bekommen,
wenn du durch den Sächsischen Garten
spazierst.
Du mußt dir nicht einbilden, ich käme zu Hofe.
Es liegt mir
nicht das Geringste
an Ehrenbezeugungen von Euresgleichen.
Andererseits
wüßte ich doch zu gern,
was man so redet in Euren Kreisen.
Mit dem Zaren
sollst du ja per du sein.
Was Politik angeht, bin ich zwar noch ein dummes
Schaf,
also mach ich keine langen Worte,
doch vergiß eines nicht, mein
lieber Wilhelm:
Sag diesem listigen Lumpen von Bismarck,
er soll die Friedenshosen
nicht zuschanden wetzen.
Du tust es für Europa, Kaiser des Westens.
- Rosa Luxemburg in Warschau 1884, nach: Frederick Hetmann, Rosa L.
- Die Geschichte der Rosa Luxemburg und ihrer Zeit. Frankfurt am Main 1979
Ode (3)
An Priap Leckt Votzen, Ihr neun Pindars-Luder,
Kommt Hurenbuben, kommt zusammen, Sind meine Klöt nur voll von Feuer, Seht auf Athens erhab'nen Plätzen, O, fuchste man doch in der Hölle, Und tret alsdann die Wallfarth an; |
- Johann Heinrich Voß, nach: Dein Leib ist mein Gedicht. Deutsche erotische
Lyrik aus fünf Jahrhunderten. Hg. Heinz Ludwig Arnold, Frankfurt am Main
u.a. 1973
(Ullstein 2934)
Ode (4)
Eine klassische Ode Oh, Strom von Tyrus, nun werd ich's gewahr, In deinen Tiefen am steinigen Grund Scharen stolzer Tiger trieb. Wie das Schmettern von Tubal, so heftig |
- N.N.?
Ode (5)
Ode (gewöhnliche) Willst du eine cirkusprinzessin sein, mit gewichsten stiefelchen, mit ein wenig seife hinterm ohr, mit einer locke halbmond in der stirn, mit einem offenen knopf am busen, mit einer maus in der wasche, mit einem löwen auf dem dach?
Nackt im hemd zwischen gelehrten schwanen, zwischen beredten gänsen, eine blume als unterleib, ein feigenblatt als antlitz, im wachen die äugen schließend, im traume wachend wie die wachtel, so eilig, so weilig, so flink aus der haut wie die windsbraut . . .
Bist du ein vollkommener abend, oder die grille, die durch die hecke hüpft, bist du ein lift mir zum herzen, ziehst du den vorhang dicht, reuen dich die zuckerbüchse und die reizende milchkanne, ist deine farbe zu dunkel, ist deine ferse zu hell?
Im volldampf mit fliegenden haaren, wie ein pfeil durch die quelle und fort durch den mittag, mit glühwürmchenaugen, die in der laterne des weltdetektivs schlummern, ein elastisches harz neben gelben bluten, ein laubwerk, das ich wegen seines schattens liebe.
Liebst du eine stecknadel, heiratest du eine kullernde schelle, springst du vergnügt durch papierenen schnee, spreizest du der lilie die beine, sagst du montag zum sonntag, bist du eine nachtmütze, eine patinaputte, ein pantöffelchen, eine kleine ampel, ein rosa plakat?
Eine herbstliche witterung, die über ein haus fällt, ein garten, zu dem ein weg führt, die namen von bäumen und blumen, die farbe, die japanisch murasaki heißt und auf deutsch lila, im schatten einer hecke wie eine grille kommen, das zurückdenken an einen gewissen Sommeranfang, das spiegeln eines teiches, in dem ein fisch namens karausche schwimmt...
Bist du eine partikel, die die trennung ausdrückt, ein tag, der neulich wie ein schöner regen erschien, ein blatt an der türschwelle,
bist du der oberlauf eines waldflusses oder die kühle strömung durch einen warmen see, ein würziger luftzug durch einen reisighaufen im juli, eine ganz kleine glocke mit dem tempel der musik im innern?
Das mitleid oder die christliche liebe, das kaltwerden eines ofens in den blauen bergen, das wehklagen der kraniche am rande des winters, der sand, der später einmal aus strohsandalen fallen wird, der plötzliche anblick eines papierdrachens, der sich gen himmel arbeitet, oder die drachenschnur, die sich reckt und streckt und die finger zerschneidet?
Kommst du aus einer ausweglosen ratlosigkeit
oder aus einem wahren herzensgrund, bist du bitter wie ein traum, der aus
einer honigwabe nach mir greift, bist du ein salziger rasen, den nicht
der geringste tau streift, die erinnerung an ein wildfeuer, das nicht den
geringsten rauch trug, eine von tränen geblendete libelle, der gleißende
sturz eines sternes, das letzte zipfelchen
des untergehenden mondes oder wünschest du.mir gleichfalls gute nacht?
- H.C.
Artmann, Unter der Bedeckung
eines Hutes. Montagen und Sequenzen. Frankfurt am Main 1976 (st 337, zuerst
1974)
Ode (7)
ODE AUF DEN KÖNIG VON HARLEM Mit einem Löffel Feuer von je schlief in den Kieseln, Und jener Alte da, bedeckt mit Pilzen, Die Rosen flohen an den Rändern Man muß die Brücken überschreiten Man muß den blonden Schnapsverkäufer töten, die kleinen Jüdinnen zu stoßen, die, bedeckt mit Blasen, zittern, Ay Harlem! Ay Harlem! Ay Harlem! Die Nacht hatt' einen Spalt Die sinds. In jener Nacht, mit schrecklich hartem Löffel, Neger, Neger, Neger, Neger. Und keine Türen hat das Blut in eurer auf dem Rücken ausgestreckten
Nacht. Blut, das auf tausend Wegen Asche sucht von Narden und Tode,
eingepudert, Blut, das sehr langsam aus dem Augenwinkel sieht, Das Blut ists, das da kommt, das kommen wird Entfliehen muß man, Und gerade während der so weisen Stille ists, Ein Südwind, der aus Holz, schräg auf dem schwarzen Schlamm, Und das Vergessen drückte sich durch nur drei Tropfen Tinte aus
auf dem Monokel, Zur Linken und zur Rechten, im Norden und im Süden Neger, Neger, Neger, Neger. Nicht Schlange, Zebra, nicht die Maultierstute Dann, Neger, dann, ja dann Ay Harlem du, vermummt! |
- Federico Garcia Lorca, Dichter in New York. Frankfurt
am Main 1963 (Übs. Enrique Beck, zuerst 1930)
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