berklasse
Es war auf Lady Windermeres letztem Empfang vor Ostern, und in Bentick House
waren mehr Besucher als sonst. Sechs Minister des Kabinetts waren von des Speakers
Levée gekommen mit Orden und Bändern, alle die hübschen Frauen trugen ihre
schönsten Toiletten, und am Ende der Bildergalerie stand Prinzessin Sophie von
Karlsruhe, eine gewichtige Lady mit einem Tatarenkopf, kleinen schwarzen Augen
und herrlichen Smaragden; sie sprach schlechtes Französisch, so laut sie's vermochte,
und lachte unmäßig über alles, was man zu ihr sagte. Es war ein buntes Gemisch
von Menschen. Die glänzenden Gemahlinnen der anwesenden Pairs sprachen freundlich
mit extremen Radikalen, volkstümliche Prediger sah man neben bekannten Skeptikern,
ein Rudel Bischöfe folgte einer wohlbeleibten
Primadonna von Salon zu Salon, an der Treppe standen mehrere Mitglieder der
königlichen Akademie, die Künstler zu sein vorgaben, und man sagt, daß zeitweise
der Speisesalon mit Genies regelrecht vollgepfropft gewesen sei. Tatsache ist,
daß der Abend einer der erfolgreichsten Lady Windermeres war, und die Prinzessin
blieb bis beinahe ein halb zwölf Uhr. Sobald sie gegangen war, kehrte Lady Windermere
m die Bildergalerie zurück, wo ein gefeierter Nationalökonom einem ungehobelten
ungarischen Virtuosen auf würdige Weise die wissenschaftliche Theorie der Musik
erklärte. -
Oscar Wilde, Lord Arthur Saviles Verbrechen. Stuttgart
1984 (Bibliothek von Babel 30, Hg. Jorge Luis Borges)
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