Nutte   „Wohin fahren wir?" hat sie mich gefragt.

„Das wirst du schon sehen", habe ich geantwortet.

Das Messer steckte hinter der Sonnenblende.

Ich werde sagen:

„Was?"

Ich werde sagen:

Aber all das hat gar nichts zu bedeuten. Das heißt nicht, daß ich. Warum? Alle Männer denken so wie ich. Alle. Auch Sie, Herr Kommissar. Aber einige sagen es ganz offen, andere nicht. Einige schlagen ihre Frau, andere, die Pantoffelhelden, sind wie Marionetten in den Händen der Frauen. Aber auch die Pantoffelhelden denken so wie alle anderen, nur sagen sie es nicht.

Was ich von Nutten halte? Was soll das heißen?

Ich habe zu ihr gesagt:

„Hier."

Sie hat gefragt:

„Wieso ausgerechnet hier?"

Eine dunkle Gasse, eine schmutzige, feucht glänzende Wand, Müll und dunkler Schlamm auf dem Boden.

„Weil mir danach ist. Weil es mir hier gefällt. Und von hinten."

Was ich von Nutten halte? Was soll das heißen?

Ich werde sagen:

Entschuldigen Sie, aber da muß ich wirklich schmunzeln. Es wird Sie sicher wundern, wenn ich Ihnen sage, daß die Nutten den ersten Sieg des Mannes im Kampf gegen die Frauen verkörpern. Die Nutten sind eine Erfindung des Mannes, eine großartige Erfindung des Mannes. Durch sie wurde es möglich, jederzeit Zugang zur fleischlichen Lust zu haben, seine Bedürfnisse zu befriedigen, sich von dem Fluch befreien zu können, indem man lediglich Geld bezahlt. So teuer eine Nutte auch immer sein mag, sie ist billig.

„Weil mir danach ist. Weil es mir hier gefällt. Und von hinten."

Sie hat mit der Zunge geschnalzt. So als wollte sie protestieren. So als hätte sie ein Recht darauf zu protestieren.

Ich habe sie gefragt:

„Ist was?"

Sie sagt:

„Das ist teurer. Ich wußte nicht, daß du so etwas vorhast, hier mitten auf der Straße."

„Wieviel teurer?"

„Soundsoviel."

 Ich sage:

„Macht nichts."

Sie sagt:

„Im voraus."

Ich habe gezahlt, was sie verlangte. Das war mir vollkommen egal. Ich habe zu ihr gesagt:

„Jetzt steigst du aus und stemmst dich mit den Händen gegen die Wand, gegen diese Wand, und die Beine gespreizt, die Beine auseinander. Für den Rest sorge ich."

Sie schnalzte wieder mit der Zunge. Dann stieg sie aus dem Wagen aus und gehorchte, wie alle Nutten gehorchen. Denn dazu sind sie schließlich da.

Ich zog das Rasiermesser hinter der Sonnenblende hervor.

Indem er sie bezahlt, macht der Mann die Nutte zum Objekt. Nicht zum Lustobjekt, nicht zum Objekt der Begierde, nicht zum Objekt seiner Wünsche, nein, nein. Ich spreche von einem leblosen Objekt. Von einem Ding. Die Nutte wird zum Ding. Und sie ist mit dieser Rolle einverstanden. Denn wenn sie als Mensch behandelt werden wollte, müßte sie erst einmal ihre Rolle als Frau akzeptieren, und das heißt, Kinder zu bekommen und sich um die Familie zu kümmern.

Sie hat gefragt:

„Was machst du? Ziehst du mir den Slip nicht aus? Möchtest du, daß ich ihn mir selbst ausziehe?"

Sie hat geglaubt, ich würde sie umarmen.   - Andreu Martín, Die Stadt, das Messer und der Tod. Bühl-Moos, Baden-Baden 1994

Nutte (2)

 

Frau

 

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