Numen  Er versteht es, kleine farbige Figürchen aus Ton zu modellieren, die er Numen nennt; die Wände seines Zimmers, das wie eine Hütte in der Wüste isoliert auf der Terrasse eines alten Hauses im Stadtzentrum steht, sind bis auf den letzten Fleck mit diesen Numen bedeckt, jedes in seiner kleinen Nische, stumpfsinnig und vieldeutig; Bovrillo verbringt einen großen Teil des Tages damit, vor seinen Götzen zu beten, Schutzgeistern, denen die, ehrlich gesagt recht willkürliche, Lenkung seiner Alltagsangelegenheiten obliegt. Das wichtigste von allen ist das Renten-Numen; es ermöglicht Bovrillo, am Monatsanfang die bescheidene Rente vom Staat zu kassieren, ohne die er nicht leben könnte. Aber es gibt noch eine Menge anderer; eines für jede Tätigkeit und auch für jede Speise: das Brot-Numen, das Fisch-Numen, das Nudel-Numen und das Tomaten-Numen mit einer langen Kette aus gelben und vertrockneten Tomätchen um den Hals. Es gibt ein Numen, das die Darmtätigkeit regelt; eines für die Wärme im Winter und eines für die kühle Luft im Sommer; es gibt eines, das an bestimmten Tagen bewirkt, daß die Frauen fast nackt auf die Straße gehen.   - J. Rodolfo Wilcock, Das Stereoskop der Einzelgänger. Freiburg  1995 (zuerst 1972)
 
 

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