Notzucht

Schließt die Fenster, verriegelt die Türen!
Pfui! Huren!

Holla! Frühling ist's wieder! Notzucht ist's wieder, und der Hahn hat noch nicht gekräht! Pfui, o weh! 's ist Notzucht, o ja, Notzucht ist's, und 's Heufuder stehengelassen! Ach, tandaradei, tandaradei, hat Tittencote wieder ein Mädchen geboren, nicht länger wie's sein sollt, sondern für immer und immer auf morgen und noch einen Tag!

Blut und Tod! Stimmt's nicht, meine Herrn? Genotzüchtigt, und der Rahm in der Kammer noch nicht abgesetzt! Genotzüchtigt, und die Wettergabel noch nicht zweimal mit ihrem Hahn gedreht! Genotzüchtigt, und noch kein Stern an seiner Stelle aufgesteckt! Können die Hund' ihre Spur verfolgen bis zur ursprünglich rechten Billigkeit, das Gesetz sie wieder rahmen in Mädchenschaft, der selten-er-laßne-besondre-päpstüche Dispens ihr wiedergeben die Jungfernschaft? Können Konklaven und Heerscharen, Pöbel und Janhagel sie zurücksteinigen in jenen süßen, verlorenen Zustand? Nein, noch auch kann eine einzige Nonne, niedergehend vor der niedergehenden Kerze, sie wieder reinbeten.

Ein Mädchen ist dahin! Ein Mädchen ist verloren! Ein einfaches Mägdlein vom Land, gestern noch schwang sich's übers Weidengatter, mit keinerlei Erkenntnis, und ist doch jetzt, heute, nicht besser als die Mutter und die Mutter der Mutter zuvor! Beschmutzt! Beraubt! Berührt! Zerschlagen! Zerknittert! Geplündert! Geschändet! Nicht reiner als Fische im Wasser, nicht süßer als Vögel im Flug, nicht besser als wilde Tiere auf Erden!

Höret! Schreit die Antilope in den Wäldern der Nacht euch so zwickend ins Herzblut, gute Ehemänner? Hast den Panther heulen hören, oder Wolf oder Wild, oder Fuchs, oder Eule, von solch Entjungferung? Kommt irgendein kriechend oder lauernd Fleisch zur Wehklag', mit geballter Klaue, um den Verlust von Häutchen oder Haut? Klagen mit grimmig zerrissener Wange, ist das die Erkenntnis der Jahreszeit? Hat eine junge Hinde irgend gegen den Wind zu früh geworfen und solchen Unterschied verloren? O nein, und versteht mich recht, dies ist ein ander Ding! Ein Mädchen ist in Gram gefallen, wieder im Frühling. Gehet denn aus, blast laut das Hörn, und nennt den Spaten einen Spaten. Die Zeit ist reif dafür, wenn unreifes Weib der Reifung anheimfällt! Setzt den schwarzen Handschuh neben den weißen Handschuh, wer will sagen, ob nicht unser Richter den einen oder den ändern trägt, ist's erst von jetzt neun Monde? O daß doch ein Abweg von dieser grauen Frist war! Kämen sieben, kämen elf, war sie dann noch die Buhlerin? Verdammt ist sie, zum Zählen bestellt, ihre Tage sind beziffert und ihre Nächte berechnet. Sie soll ihren Fuß nicht außerhalb setzen. Ein Weib im Bett allein, und das in Merry England, im Monat Mai! Schlumpe von Tittencote! Im strohgedeckten Tittencote, mit säuberlichem Fußblock unter dem Marktkreuz!

Ach! Ach je! Mir wird weh! Notzucht schlich umher und fand eine, empfänglich für Veränderung ... so war's schon immer! Hat den Fuß aus dem leichten Schuh gezogen! Herrjesses, welch wollustwachsames Wecken für eine Dirn! Kehr denn um, o Zeit, in deinem Flug! Sitzt Notzucht heiß im Weizen? Springt sie aus dem Roggen? Gesetzlose fleischliche Erkenntnis eines Weibes (bevor es ermahnt werden konnte) wurde errungen, der Bursch, im vollen gesetzlichen Sinne (ist er doch erst vierzehn) unfähig, trotz alldem, zu Genugtuung und Reue.

Mädchen, hast Unzucht getrieben und gebuhlt vor deiner Zeit? Wie ward's dir vorbedeutet? Bist früh aufgewacht von der Glocke des Irren und seinem Ruf: »Die Uhr schlägt acht, alle ehrbar'n Leute zum Bach!«? Oder hat dein Rücken schon von der Wiege an nach dem weichen Gras gesucht und dein Hals nach dem warmen Arm? Wer hat dich gelehrt, du Luder, ungezügelt herumzutollen und dich hinzulegen zum Ungemach? Welch Ding von deines Vaters Tisch hat dir den Bauch nach oben gekehrt? Welch Wort in deiner Mutter Mund hat deine Ohren nach draußen gerichtet? Dirne! Schlampe! Strunze!   - (ryder)

 

Liebesleben Unzucht Not

 

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Vergewaltigung
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