eusprech
Die Durchsetzung eines Vokabulars, das «politically correct»
ist und das insbesondere Wörter verbannt, die beleidigend für diese oder jene
soziale Gruppe oder Minderheit gehalten werden, hat in den Vereinigten Staaten
offensichtlich groteske Dimensionen angenommen, wo der Chefredakteur der Los
Angeles Times neunzehn Seiten mit Empfehlungen an seine Truppen zusammengeschmiert
hat, auf denen sogar davon abgeraten wird, von einer Frau zu sagen, daß sie
«geschieden» ist. (Die Truppen haben rebelliert.) Aber aus Japan, ex oriente
lux, hat uns die bizarrste Information erreicht: der Romancier Yasutaka
Tsutui hat erklärt, daß er zu schreiben aufhört, da eine Epileptikervereinigung
(ich scherze nicht, das stand in Le Monde, einer ernsthaften Zeitung)
sich durch einen Abschnitt in einem Roman, der in einem Schulbuch abgedruckt
werden sollte, mißhandelt fühlte.
Da Romane natürlich keine Artikel und keine Auszüge für Schulbücher sind,
werden sie von dieser neuen Art von Zensur, von dieser selbsterzeugten Zensur,
in Frankreich oder anderswo nicht unmittelbar bedroht. Aber sie werden «mittelbar»
von allem bedroht, was die Sprache herabwürdigt. Zwischen dieser Art von Säuberung
und der Umweltverschmutzung durch die Medien sieht man den Moment kommen, in
dem die meisten Romane so geschrieben werden, wie im Fernsehen gesprochen wird.
Man sieht diesen Moment in einer sehr nahen Zukunft. Sagen wir um 1980.
- Jean-Patrick Manchette, Chroniques. Essays zum
Roman noir. Heilbronn 2005
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