Netz, weibliches  Er befand sich, er wußte nicht, wie, im Zimmer der Señorita Krig. Mit halb offenem Mund, der unschöne Zähne sehen ließ, und mit feuchten Lippen sah ihn das Fräulein mit ihren engstehenden, sehr starren Augen an, lächelte und sagte: »Kummer? Das geht vorbei.«

Er fragte: »Woher wissen Sie davon?«

»Wie soll ich nichts davon wissen?« antwortete die Alte. »Regen Sie sich nicht auf, lieber Freund, wenn ich es Ihnen sage. Zwischen uns beiden soll es keine Mißverständnisse geben. Raúl, ich liebe Sie.«

Er verwahrte sich dagegen: »Das ist nicht der rechte Augenblick . . .«

Er dachte, daß er gehen müßte, blieb aber, ohne zu wissen, warum.

»Oh ja, es ist der rechte Augenblick«, versicherte Señorita Krig sanft, und er roch schon ihren Atem. »Ich möchte, daß Sie alles wissen, von Anfang an, das Beste und das Schlechteste. Schon lange habe ich meine Netze gesponnen, in denen Sie sich gefangen haben. Sie glauben, Sie flattern umher, dahin und dorthin? Reine Phantasie. Ich schwöre Ihnen, daß Sie sozusagen ins Netz gegangen sind, praktisch in meiner Gewalt. Widersprechen Sie nicht, regen Sie sich nicht auf. Verstehen Sie etwas von Gedankenübertragung, mein lieber Raül? Es wäre bezaubernd, wenn Sie sich ungläubig zeigten, aber die Wahrheit ist, daß sie mich jedenfalls bezaubert. Gedanken übertragen, Träume übertragen, auf eine Hündin wie Josefina, auf Menschen wie Sie, wie Ihre Frau, das ist alles ein und dasselbe. Offensichtlich gibt es rebellische, störrische Subjekte, die einen schließlich ermüden. Ich wollte nur, daß Ihre Frau uns verläßt. Vergebliche Mühe. Keine Macht der Welt konnte sie von Ihnen trennen. Trotzdem waren Sie beide nicht das, was ich für ein harmonisches Ehepaar halte. Andrea fehlten, weil sie eine Lyrikerin ist, meine Gaben, mich auf Ihren, auf die Wirklichkeit, das Geld gerichteten Sinn einzustellen. Aber verschwenden Sie keine Zeit damit, Gründe für ihre Halsstarrigkeit zu suchen. Es gab keine Macht der Welt, die diese junge Frau von Ihnen hätte trennen können. Jedenfalls, wenn wir das Extreme ausschließen. Denn diese Charaktere, glauben Sie mir, sind immer geneigt, zum Äußersten zu schreiten. Ich entschied mich dann dafür, Andrea auf die Bahngleise zu schicken.«   - Adolfo Bioy Casares, Die fremde Dienerin. Frankfurt am Main  1983

 

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