estbeschmutzer (akademischer) Das Hervorstechendste an seiner Art zu sprechen ist sein beständig scherzhafter Ton, eine Mischung von Philosophie und Possenreißerei wie bei den Totengräbern Shakespeares, Er spricht stets von ernsthaften Themen, allein er spricht nie ernsthaft. Seine Urteile sind immer scharf und zänkisch, und doch berühren dank dem weichen, gleichmäßigen und scherzhaften Tone, in dem sie vorgetragen werden, diese Schärfe und Streitsucht nicht unangenehm, und man gewöhnt sich bald daran. Jeden Tag bringt er fünf, sechs neue Anekdoten aus dem Universitäts-Icben mit und beginnt sie, wenn er am Tisch Platz genommen, sogleich zu erzählen.
»O Gott!« seufzt er, spottisch die schwarzen Augenbrauen verziehend. »Komische Leute gibt es auf dieser Welt!«
»Nämlich? «fragt Katja.
»Da begebe ich mich heute zu meiner Vorlesung und begegne auf der Treppe dem alten Idioten, unserem N. N.... Wie gewöhnlich, geht er mit weit vorgestrecktem Pferdekinn und sucht mit den Augen nach jemandem, dem er über seine Migräne etwas vorjammern könnte und über seine Frau oder Über die Studenten, die seine Vorlesungen nicht besuchen wollen. Na, denke ich, jetzt hat er mich gesehen, jetzt bin ich verloren, jetzt ist alles vorbei... « Und so weiter, immer in der gleichen Art,
Zuweilen beginnt er auch anders: »Da war ich gestern auf der öffentlichen
Vorlesung unseres Z. Z. Ich wundere mich, wie unsere Alma mater, nicht zur Nacht
sei's gesagt, sich traut, dem Publikum solche Tölpel und patentierten Dummköpfe
wie diesen Z. Z. vorzuweisen. Ein geradezu europäischer Dummkopf! Ich bitte
Sie, ein zweiter solcher dürfte tags mit der Kerze in ganz Europa nicht aufzufinden
sein! Sein Vortrag ist, stellen Sie sich das vor, als lutsche er die ganze Zeit
an einem Bonbon! Lutsch-lutsch-lutsch ... Ewig verlegen, kann er seine eigene
Handschrift kaum lesen, die Gedanken bewegen sich mit Müh und Not, gewissermaßen
mit der Schnelligkeit eines Erzbischofs, der Rad fährt, und was die Hauptsache
ist, kein Mensch kann verstehen, was er eigentlich sagen will. Eine trostlose
Langeweile, die Fliegen sogar sterben vor Langerweile. Diese Langeweile kann
man nur mit jener vergleichen, die zum jährlichen Universitäts-schluß in unserer
Aula herrscht, wenn die traditionelle Rede gehalten wird, der Teufel soll sie
holen.« Und gleich darauf ein unvermittelter Übergang: »Drei Jahre ist es her,
Nikolai Stepanytsch wird sich noch erinnern, da war es an mir, diese Rede zu
halten. Heiß war es, erstickend heiß, die Uniform preßte unter den Achseln -
einfach zum Verrecken! Ich spreche eine halbe Stunde, eine Stunde, anderthalb
Stunden, zwei Stunden ... Na, denke ich, Gott sei Dank, nur noch zehn Seiten!
Das Ende bestand nämlich aus vier Seiten, die nicht unbedingt notwendig waren,
und ich rechnete eigentlich damit, sie wegzulassen. Mithin, überlegte ich, blieben
nur noch sechs. Gleichzeitig aber, stellen Sie sich nur vor, blickte ich unwillkürlich
auf und sah in der ersten Reihe einen General mit Ordensband und neben ihm einen
Bischof sitzen.. Die Ärmsten waren geradezu vor Langeweile umgekommen, sie rissen
gewaltsam die Augen auf, um nicht einzuschlafen, und gaben sich dennoch die
größte Mühe, aufmerksam zu scheinen und eine Miene zu machen, als gefiele ihnen
meine Rede und als verständen sie diese. Na, dachte ich, wenn es euch so gut
gefällt, dann sollt ihr sie ganz haben! Euch zum Tort! Und ich las noch die
ganzen vier Seiten ab!« -
Anton Tschechow, Eine langweilige Geschichte.
Nach (tsch)
Nestbeschmutzer
(amerikanischer) »Sehen Sie, Mr. Lern, hier in Kalifornien
gibt es keine Kultur, nur Kitsch ... Wenn Gott sich uns offenbarte,
dann täte Er das in Gestalt einer Spraydose, für die im Fernsehen
geworben wird.« - Philip K. Dick an Stanislaw Lem,
nach (ubik)
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