Nasenspitze, verbogene    Ich kann Ihnen das Gefühl des Ungeheuerlichen und Übernatürlichen nicht beschreiben, das mich überkam, als er so schweigend die Schranken zwischen Land und Wasser durchbrach. Es war, als ob er direkt über eine Klippe hinaus geschritten wäre und immer noch stetig mitten durch die Luft marschiere. Es war, als ob ein Haus in die Luft geflogen oder der Kopf eines Mannes abgefallen wäre. Zwar machte er sich nur die Stiefel naß; aber er schien ein Dämon zu sein, der sich über ein Naturgesetz hinwegsetzte. Wenn er auch nur eine Sekunde am Rande des Wassers gezögert hätte, so wäre es nichts gewesen. Aber so erschien es, als schaue er so ausschließlich mich an, daß er den Ozean nicht bemerkte. Philip war einige Meter entfernt mit dem Rücken zu mir und beugte sich über sein Netz. Der Fremde kam heran, bis er zwei Meter vor mir stand, wahrend das Wasser ihn bis halbwegs zum Knie umspülte. Dann sagte er mit einer klar modulierten, aber doch gezierten Aussprache: »Würde es Sie inkommodieren, andernorts eine Münze mit einer etwas anderen Beschriftung zu kontribuieren?<

Mit einer Ausnahme gab es eigentlich nichts eindeutig Abnormales an ihm. Seine gefärbten Gläser waren nicht wirklich undurchsichtig, sondern von einer ziemlich gewöhnlichen blauen Sorte, und auch die Augen hinter ihnen waren nicht etwa unstet, sondern sahen mich stetig an. Sein dunkler Bart war nicht wirklich lang oder ungepflegt; aber er sah besonders haarig aus, denn der Bart setzte sehr hoch in seinem Gesicht an, unmittelbar unter den Backenknochen. Seine Hautfarbe war nicht etwa fahl oder gar aschfahl, sondern im Gegenteil recht klar und jugendlich; aber gerade das gab ihm ein rosig-weißes, wächsernes Aussehen, das irgendwie (ich weiß nicht warum) den Schrecken nur noch steigerte. Die einzige feststellbare Eigentümlichkeit war, daß seine Nase, im übrigen von gutem Schnitt, an der Spitze leicht zur Seite verdreht war; als ob man, als sie noch weich war, mit einem Spielzeughammer auf die eine Seite geschlagen hätte. Man könnte es kaum eine Mißgestaltung nennen; und doch kann ich Ihnen gar nicht sagen, welch ein lebender Albtraum das für mich war. Als er da in dem sonnenfleckigen Wasser stand, erschien er mir wie ein höllisches Meeresungeheuer, das gerade brüllend aus einer See von Blut aufgetaucht ist. Ich weiß gar nicht, warum eine Verbiegung der Nase meine Einbildungskraft so stark beeinflussen konnte. Ich glaube, weil es so aussah, als könne er seine Nase wie einen Finger bewegen. Und als hätte er sie in diesem Augenblick gerade bewegt.   - G. K. Chesterton, Der Kopf Caesars. In: G.K.C., Father Browns Weisheit. Zürich 1991

Nasenspitze Verbiegung

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