Masenschmerz   »Kommen Sie morgen wieder«, sagte er ihr. Irving hatte frei. Und Esther kam: mit so viel Spitzenunterwäsche, mit so vielen Fetischen behängt, wie sie es sich nur hatte leisten können. Vielleicht sogar einer Spur Shalimar auf dem Mullverband mitten in ihrem Gesicht.

Im Hinterzimmer dann: »Wie fühlen Sie sich?«

Sie lachte, eine Spur zu laut. »Es tut weh. Aber immerhin.«

»Immerhin, es gibt Mittel, diesen Schmerz zu vergessen.«

Es schien ihr nicht zu gelingen, dieses dumme, halb entschuldigende Lächeln unter Kontrolle zu bekommen. Es verzog ihr Gesicht, verstärkte den Schmerz in der Nase.

»Wissen Sie, was wir jetzt tun? Oder besser, was ich jetzt mit Ihnen anstelle? Natürlich wissen Sie es.«

Sie ließ sich ausziehen. Seine einzigen Worte bezogen sich auf ihren schwarzen Strumpfhalter.

»Oh, o Gott!« Gewissensbisse überfielen sie: den hatte Slab ihr geschenkt. In Liebe, wahrscheinlich.

»Hören Sie doch auf. Lassen Sie doch diese Kinderei. Sie sind doch keine Jungfrau mehr.«

Ein neues, selbstkritisches Lachen. »Das ist es ja gerade. Ein anderer Junge. Hat ihn mir geschenkt. Ein Junge, den ich liebte.«

Sie steht unter einem Schock, dachte er. Es überraschte ihn.

»Kommen Sie. Nehmen wir an, es wäre Ihre Operation. Die Operation hat Ihnen doch Spaß gemacht?«

Durch einen Spalt im Vorhang gegenüber sah Trench zu.

»Legen Sie sich auf das Bett: das wird der Operationstisch sein. Nun bekommen Sie eine intramuskuläre Injektion.«

»Nein«, schrie sie auf.

»Sie haben schon auf vielerlei Art Nein gesagt. Ein Nein, das Ja bedeutet. Aber das war ein Nein, das ich nicht mag. Sagen Sie es anders.«

»Nein«, mit einem kleinen Stöhnen.

»Noch anders. Noch einmal.«

»Nein.« Diesmal mit einem Lächeln, die Augenlider auf Halbmast.

»Noch einmal.«

»Nein.«

»Sie werden immer besser.« Er knotete seinen Schlips auf, die Hose um seine Füße geknäult, und sang ihr ein Ständchen:

Hab ich's dir schon erzählt, mein Freund,
Du hast ihre Columella versäumt.
Und ihr Septum haut dich um!
Chondrektomie war nichts als eine hübsche Summ',
Bis diese Osteoklastible kam,
Und ich sie unter die Säge nahm:

[Refrain:]

Eh du nicht Esther operiert,
Bist du leer vom Hof marschiert.
Auf ihre Nase bin ich versessen,
Keine kann sich damit messen.

Nie macht sie blöde Gymnastik,
Sondern liegt still wie ein Block.
Sie liebt meine Rhinoplastik,
Die andern sind für sie schlock.

Esther ist passiv,
Ihr Selbstvertraun massiv.
Und ein Trottel ist gewiß,
Wer sie sich entgehen ließ.

Laß dir gesagt sein, ohne Scherz,
Sie beschämt Irland, mein Bester,
Denn ihre Nase strebt himmelwärts,
Und ihr Name ist Esther . . .

Während der letzten acht Takte sang sie Nein auf eins und drei.   - (v)

 

 

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