Nasenoperation   Die Maske mit der Modellnase lag auf einem Tischchen neben der Liege. Während Schoenmaker ein Sägeblatt durch einen der Einschnitte führte und es bis zum Knochenansatz hochschob, verglich er mit schnellen Seitenblicken seine Arbeit immer wieder mit dem Vorbild. Dasselbe Profil wie beim Modell: vorsichtiges Sägen durch das Nasenbein. »Der Knochen läßt sich leicht sagen«, sagte er zu Esther. »Ein wirklich zerbrechlich Wesen.« Die Säge erreichte die Nasenscheidewand; Schoenmaker nahm sie heraus. »Jetzt kommt der schwierigere Teil. Die andere Seite muß haargenau dieselbe Form haben wie diese hier. Sonst bekommt Ihre Nase Schlagseite.« Ein neuerliches Einführen der Säge, diesmal auf der anderen Seite, ein neues Betrachten der Maske - Esther schien es, als dauerte es eine Viertelstunde -, kleine Korrekturen. Dann durchsägte er den Knochen in einem Zuge.

»Ihr Höcker besteht jetzt nur noch aus zwei losen Knochenstückchen, die lose mit der Scheidewand verbunden sind. Auch die muß jetzt, abschließend mit dem Nasenbein, abgeschnitten werden.« Dies tat er mit einem gekröpften Nasenmesser; schnitt glatt hinunter, und schließlich wieder ein paar sanfte Schwammtupfer.

»Und jetzt liegt der Höcker in der Nase.« Mit einem Wundhaken zog er das Nasenloch zurück, führte eine Pinzette ein und versuchte, den Höcker herauszuziehen. »Behalten Sie ihn«, sagte er lachend. »Er hat noch keine Lust, Sie zu verlassen.« Mit einer Schere löste er den Höcker von den Seitenknorpeln, die ihn festgehalten hatten, und zog dann mit der Knochenzange ein dunkles Knorpelstück heraus, das er Esther triumphierend vor die Augen hielt. »Zweiundzwanzig Jahre gesellschaftliche Zurücksetzung, nicht wahr? Ende des ersten Aktes. Wir werden ihn in Spiritus legen; wenn Sie wollen, können Sie es haben, ein Souvenir ...« Bei diesen Worten glättete er die Schnittkanten mit einer kleinen Feile.

Der Höcker war ab. Doch wo er vorher gewesen war, lag nun eine glatte Fläche. Schon vorher war Esthers Nasenrücken zu breit gewesen, er mußte unbedingt verschmälert werden.

Wieder ein Unterminieren der Nasenbeine, diesmal allerdings dort, wo sie auf die Wangenknochen trafen, auch darunter. Er zog die Schere heraus, führte eine rechtwinklige Säge ein. »Ihre Nasenbeine sind fest verankert; an der Seite zum Wangenknochen, am Ende zum Stirnknochen. Wir müssen sie durchtrennen, daß Ihre Nase genauso leicht zu bewegen ist wie die Modellnase hier.«

Er durchschnitt die Nasenbeine auf jeder Seite und trennte sie von den Wangenknochen. Dann nahm er einen Meißel, führte ihn durch ein Nasenloch, bis er gegen den Knochen stieß.

»Sagen Sie es mir, wenn Sie etwas fühlen.« Einige leichte Schläge mit einem Gummihämmerchen auf den Meißel, Einhalten, Überlegen, und dann festere Schläge. »Der ist aber nicht von schlechten Eltern.« Es klang gar nicht mehr so fröhlich. Klopf, klopf, klopf. »Mach doch, du Kerl.« Millimeter um Millimeter grub sich der Meißel zwischen Esthers Augenbrauen. »Scheiße!« Mit einem lauten Knacken war die Nase vom Stirnbein abgebrochen. Leichtes Drücken mit den Daumen gegen beide Seiten vollendete die Lösung.

»Sehen Sie? Jetzt ist alles ganz weich. Zweiter Akt. Jetzt kommt das Septum an die Reihe.«

Einschnitte rund um die Nasenscheidewand mit einem Skalpell, dann zwischen Scheidewand und Nasenflügelknorpel. Dann ein weiterer Schnitt von der Vorderseite der Scheidewand bis zu den Choanen im Innern.

»Damit wir die Scheidewand bewegen können. Für den letzten Schliff eine Schere.« Er legte die Nasenscheidewand an den Seiten und oberhalb des knochigen Teiles bis hinauf zur Glabella frei. Einführen eines Messers durch einen der Schnitte, bis es am anderen Ende wieder heraustrat, Lösen des Scheidewandbogens. Anheben eines Nasenlochs mit einem Wundhaken, Herausziehen loser Teile des Septums

  Nun maß er rasch noch einmal die Maskennase nach, legte den Tastzirkel an das freigelegte Septumstück an und schnitt ein dreieckiges Stück heraus. »Und jetzt die Endmontage.«

Immer wieder kurz zur Maske sehend, brachte er die Nasenbeine wieder zusammen. Dadurch verengte sich der Nasenrücken, und zugleich verschwand das abgeflachte Stück, von dem der Hocker abgeschnitten war. Es dauerte lange, bis er sich vergewissert hatte, daß beide Hälften auch genau aufeinanderpaßten. Immer wenn er die Knochen bewegte, gaben sie ein seltsames knirschendes Geräusch von sich. »Und jetzt noch zwei Nähte, damit es eine richtige Stupsnase wird.«    - (v)

 

Nasenreparatur Operation

 

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