Nase zuhalten

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Nase zuhalten (2) Ob nun die Kühle des bereits nahenden Morgens daran schuld war oder ob Sancho am Abend allerlei Abführendes verspeist hatte oder ob es nur der naturgemäße Verlauf der Dinge war, was am ehesten glaublich ist -, jetzt kam ihn der Wunsch und Drang an, zu verrichten, was kein andrer für ihn verrichten konnte. Indessen war die Furcht, die in sein Herz eingezogen, so groß, daß er sich nicht getraute, von seines Herrn Seite nur um die Breite des Schwarzen am Nagel zu weichen. Daß er aber daran dachte, von seinem Gelüste abzustehen, das war ebenso unmöglich. Was er nun tat, um aus der Klemme zu kommen, war dies: er nahm die rechte Hand vom hintern Sattelbogen weg und zog dann mit ihr behutsam und in aller Stille die laufende Schleife auf, die allein und ohne weiteres Hilfsmittel seine Hosen in die Höhe hielt, und sowie er sie gelöst, fielen die Hosen sofort herab und hingen um ihn her wie Beinschellen. Hierauf zog er, so gut es ging, das Hemd in die Höhe und streckte in die Lüfte zwei Sitzteile hinaus, die nicht allzu klein waren. Dieses vollbracht - und er glaubte, es sei damit das meiste bereits geschehen, was er zur Rettung aus diesen schrecklichen Bedrängnissen und Ängsten zu tun hatte -, überkam ihn eine andre, noch größere Besorgnis; es bedünkte ihn nämlich, er werde nicht ohne Geräusch und Lärm sein Geschäft verrichten können. Da begann er die Zähne zusammenzubeißen und die Schultern hochzuziehen und den Atem soweit nur möglich anzuhalten; aber unerachtet all dieser Vorsichtsmaßregeln war er so unglücklich, daß er zuletzt ein kleines Geräusch hören ließ, sehr verschieden von dem, das ihn so sehr in Besorgnis setzte.

Don Quijote hörte es und fragte: „Was für ein Getöne ist dieses, Sancho?"

„Ich weiß nicht, Señor", antwortete er, „das muß ein neues Begebnis sein; denn bei jedem Abenteuer ist es nicht geheuer, und Glück und Unglück fängt nimmer mit Kleinem an."

Jetzt begann er wieder sein Glück zu versuchen, und es gelang ihm so wohl, daß er ohne ein weiteres Geräusch und Getöse sich endlich von der Last befreit sah, die ihm so viele Not gemacht hatte. Aber da bei Don Quijote der Sinn des Geruchs so entwickelt war wie der des Gehörs und Sancho sich so dicht an ihn geheftet hielt, daß die Düfte beinahe in gerader Linie aufstiegen, so konnte es nicht fehlen, daß etwelche in des Ritters Nase drangen, und kaum war das geschehen, da kam er ihr schon zu Hilfe und klemmte sie zwischen die Finger und sprach mit näselndem Ton: „Mich bedünkt es, Sancho, du hast große Furcht."

„Freilich hab ich die; aber woran merkt das Euer Gnaden jetzt mehr als sonst?"

„Daran, daß du jetzt mehr als sonst riechst, und nicht nach Ambra", antwortete Don Quijote.

„Das kann wohl sein", sagte Sancho, „aber ich habe keine Schuld daran, sondern Ihr, der Ihr mich bei nachtschlafender Zeit umherschleppt, ein Leben zu führen, wie ich platterdings nicht gewohnt bin."

„Ziehe dich drei, vier Schritte seitwärts, Freund", sprach Don Quijote - alles das, ohne die Finger von der Nase wegzunehmen -, „und hinfüro berücksichtige besser, wer du bist und was du mir schuldig bist; die häufigen Gespräche, die ich mit dir führe, haben diese Mißachtung erzeugt."

„Ich will wetten", entgegnete Sancho, „Euer Gnaden meint, ich hätte etwas mit mir vorgenommen, was ich nicht sollte."

„Es wird schlimmer, wenn man dran rührt", versetzte Don Quijote.  - (don)

 

Nase Verschluß

 

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