Nachtwanderer   Ich war ein einsamer Nachtwanderer und ein zuverlässiger Eckensteher. Nach Mitternacht, wenn die Straßen leer waren und die Schaufenster unbeleuchtet, spazierte ich gern durch die nasse Stadt, allein und lebendig auf den glänzenden Straßenbahnschienen in der toten und leeren High Street unterm Mond, ungeheuer traurig, durch die nassen Straßen vorbei an der geisterhaften Ebenezer Chapel. Nie habe ich mich näher der fernen und erlebenden Welt empfunden, nie so voll Liebe und Überheblichkeit und Mitleid und Bescheidenheit, nicht nur meinetwegen, sondern wegen der lebenden Erde, auf der ich litt, und wegen der gefühllosen Systeme der oberen Lüfte, Mars und Venus und Brazell und Skully, der Menschen in China und St. Thomas, der hochnäsigen Mädchen und der willigen Mädchen, der Soldaten und Tyrannen und Polizisten und gerissenen, mißtrauischen Käufer antiquarischer Bücher, der bösen, zerlumpten Frauen, die bereit waren, an der Museumsmauer wegen einer Tasse Tee etwas vorzutäuschen, und der vollkommenen, unnahbaren Frauen aus den Modezeitschriften, zwei Meter groß, die langsam in ihren flachen, gelackten Kreationen durch Stahl und Glas und Samt glitten. Ich lehnte mich gegen die Mauer eines verlassenen Hauses in den Wohngebieten oder durchwanderte die leeren Räume, blieb entsetzt auf der Treppe stehen oder schaute durch die eingeschlagenen Fenster aufs Meer oder auf gar nichts, und eins nach dem anderen gingen die Lichter in den Wohnstraßen aus. Oder ich stöberte in einem halbfertigen Haus herum, wo der Himmel im Dach stak und Katzen auf den Leitern waren und der Wind durch das Gerippe der Schlafzimmer schüttelte.    - (hund)
 

Wanderer Nacht

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