achtwächter   Grumus merdae. Häufig verrichten Einbrecher am Tatort ihre Notdurft. Nicht immer, aber nicht selten, geht dies auf den alten Aberglauben zurück, daß derjenige, der seine Exkremente am Tatort zurückgelassen hat, nicht verfolgt wird, solange die Exkremente warm sind. Dieser Brauch des g. m. der Einbrecher ist aus den verschiedensten Gegenden Deutschlands und ebenso aus anderen Ländern gut bezeugt, auch noch aus neuester Zeit. So ist dieser Brauch nachgewiesen in Berlin, Schleswig-Holstein, Ostpreußen, Thüringen, Oldenburg, Braunschweig, Schwaben, Sachsen, im Rheinland. Der g. m. ist auch den Juden bekannt, desgleichen in Holland, in der Schweiz, in Italien, Ungarn, Frankreich, bei den Zigeunern. - Der Sinn dieses Brauches ergibt sich aus der volkstümlichen Bezeichnung eines Haufens von Exkrementen als Nachtwächter (Deutschland), schildwachten (Holland), uomini di notte (Italien), Schildwache (Rheinland), Posten (Provinz Brandenburg), Wächter (Schweiz, auch Deutschland), Hirt (Zigeuner).

Wenngleich es vereinzelt wohl auch vorkommt, daß auch Gelegenheitsdiebe einen solchen »Nachtwächter« am Tatort zurücklassen - wobei es noch zweifelhaft sein kann, ob dies tatsächlich aus jenem Aberglauben geschieht oder aus anderen Gründen -, scheint es im allgemeinen gerade bei Berufsverbrechern vorzukommen. Es ist das auch verständlich, da gerade bei ihnen Reste eines eigentlichen Verbrecheraberglaubens sich erhalten haben, während Gelegenheitsverbrechern ein eigentlicher Verbrecheraberglaube kaum bekannt sein dürfte. - Welcher Grundgedanke dem Brauch des g. m. zu Grunde liegt, kann zweifelhaft sein. Man konnte an ein freiwilliges Sühnopfer denken: Der Einbrecher läßt etwas, das enge Beziehungen zu seiner Person hat, freiwillig zurück, um die Götter zu versöhnen und sie zu bewegen, ihn selbst entkommen zu lassen. Demgegenüber hat Näcke den Gedanken geäußert, es könne der Brauch des g. m. eher darauf zurückzuführen sein, daß durch den Gestank der Exkremente die guten Schutzgeister vertrieben werden sollten. - (erot)

Nachtwächter (2)  Es gibt einen zeitgenössische Stich, der Restif de la Bretonne als Nachtwächter mit seiner houpelande, seinem eisenbeschlagenen Stock, und seiner Blendlaterne zeigt, die Mütze in Form eines Käuzchens mit ausgebreiteten Flügeln tief in die Stirn gezogen, die Kapuze wie einen Tragkorb auf dem Rücken: man möchte meinen, ein Strolch oder Kinderfänger, denn sein Anblick ist beunruhigend und erinnert mehr an einen entlassenen Irrenhäusler als an einen wißbegierigen Schriftsteller, der seine Beobachtungen in übel beleumundeten Gassen anstellt. Allerdings war dieser Türenknacker gleichzeitig auch ein Polizeispitzel und Denunziant und seine scharfe Gazettenschreiberfeder ein zweischneidiges Werkzeug. Ich frage mich, warum das Mouvement surrealiste niemals Ansichtskarten nach diesem Bild drucken und es in Millionen Exemplaren verbreiten ließ - es könnte das Bild von Lautreamont sein! Sonderbares achtzehntes Jahrhundert, über das ich immer wieder staunen muß!     - Blaise Cendrars, Sternbild Eiffelturm. Zürich 1982 (zuerst 1949)

Nachtwächter (3)  

- Tomi Ungerer

 

Nacht

 

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