Nachliebesmahl  Carvalho stürzte in die Küche, als riefen ihn unaufschiebbare Urwaldtrommeln. Seine Hände vervielfachten sich, um mit den zahlreichen Türen und Schubladen fertig zu werden, und ließen auf der Marmorplatte ein ganzes Heer von Zutaten aufmarschieren. Er schnitt drei Auberginen in zentimeterdicke Scheiben und salzte sie. Dann gab er Öl und eine Knoblauchzehe in die Pfanne und ließ sie bräunen, bis sie fast kroß war. In demselben Öl zerdrückte er ein paar Scampiköpfe, schälte die Schwänze und schnitt Schinken in Würfel. Dann nahm er die Köpfe wieder aus dem Öl und brachte sie in etwas Fischsud zum Kochen. Unterdessen spülte er das Salz von den Auberginenscheiben, trocknete sie einzeln mit einem Tuch ab, briet sie in dem Öl, das das Aroma des Knoblauchs und der Scampiköpfe aufgenommen hatte, und ließ sie dann in einem Sieb abtropfen. Im gleichen Öl ließ er schließlich eine gehackte Zwiebel bräunen, gab einen Löffel Mehl dazu und rührte mit Milch und dem Sud der Scampiköpfe eine Bechamel an. Die Auberginen schichtete er in eine Backform, goß einen Regen von nackten Scampischwänzen und Schinkenwürfeln darüber und badete alles in der Béchamelsoße. Von seinen Fingern schneiten geriebene Käseflocken auf das bräunliche Weiß der Béchamelsoße nieder. Dann schob er die Form zum Überbacken in den Ofen, fegte mit dem Ellbogen den Küchentisch leer, legte zwei Gedecke auf und stellte eine Flasche Jumilla Rose dazu, den er dem Wandschrank neben dem Herd entnommen hatte. Er kehrte ins Schlafzimmer zurück. Yes schlief mit dem Gesicht zur Wand, ihr Rücken war entblößt. Carvalho rüttelte sie wach, ließ sie aufstehen, nahm sie in beide Arme und führte sie in die Küche. Dort setzte er sie vor einen Teller, auf den er überbackene Auberginen, Scampi und Schinken schaufelte.

»Ich gebe zu, es ist sehr unorthodox. Normalerweise gibt man eine chemisch reine Béchamel dazu, die weniger nach Scampi schmeckt. Aber mein Gaumen liebt die einfachen, deftigen Genüsse.«

Yes blickte schlaftrunken erst zu Carvalho und dann auf ihren Teller, ohne sich zu einem Kommentar zu entschließen. Sie schob die Gabel in das überbackene Magma und zog sie mit schmutziger, dampfender Baumwolle gefüllt wieder heraus, führte sie zum Mund und kaute nachdenklich. »Schmeckt toll. Ist das aus der Büchse?«   - Manuel Vázquez Montalbán, Die Meere des Südens. München 2003

 

Liebesmahl

 

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